Gegen den Strich
Einst kochte er in teuren Restaurants, jetzt lebt Rinó auf Wiens Straßen und verkauft Fotopostkarten. Besuch bei einem, der im Unten nach oben gefunden hat

Foto: Heribert Corn
Für die meisten bedeutet die Straße das Ende aller Träume. Einer hingegen hat erst hier zu träumen begonnen. Da, wo viele, die hier gelandet sind, in Alkohol, Drogen und Depressionen versinken, hat er sich davon freigestrampelt. Meistens zumindest. Rinó, 29, ist Straßenkünstler und obdachlos. Heute. Früher kochte er als René K. in feinen Restaurants, soff, zog sich Koks und Heroin durch die Nase, um den Stress auszuhalten, kämpfte mit Depressionen und Burnout – und gab schließlich auf: Im März 2015 kündigte er seinen Job, kappte alle Kontakte und zog von der Steiermark nach Wien, um sich auf den Straßen der Großstadt zu verlieren. Doch anstatt des erwartbaren Totalabsturzes folgte eine Verwandlung: Aus René wurde Rinó.
In einem nicht enden wollenden Strom schlendern tausende Flaneure die Mariahilfer Straße hinauf und hinunter, Radfahrer steuern durch die Fußgängermassen, junge Leute fläzen eisschleckend auf Stadtmöbeln. Er – schmales, vollbärtiges Gesicht, Habichtsnase, die katzenhaften Augen von einer bunt verspiegelten Sonnenbrille verdeckt – fällt kaum auf in diesem Gewurl: Unter der braunen Haube ragen ein paar Haarsträhnen hervor, der magere Körper steckt in Jeans, Rippstrickleiberl, darüber flattert ein offenes Karohemd, um dessen Kragen Kopfhörer baumeln, in der Hand eine Pfeife – auf den ersten Blick ein Hipster unter vielen.
Lesen Sie diesen Artikel in voller Länge mit Ihrem FALTER-Abo-Onlinezugang.