Der Berg ruft
Mit dem richtigen Warm-up beugt man Verletzungen beim Wintersport vor
Foto: Salzburger Festspiele/Katsey
Miriam Fussenegger macht keine kleinen Schritte. Vor nur zwei Jahren hat sie ihr Schauspieldiplom am Max Reinhardt Seminar gemacht, schon wird sie diesen Sommer als Geliebte des reichen Mannes (Cornelius Obonya) am Salzburger Domplatz auf der Bühne stehen. Die Buhlschaft gehört zu den prestigeträchtigsten Rollen der Salzburger Festspiele – und das, obwohl sie lediglich 30 Sätze zu sagen hat. Die allerdings wiegen schwer. Und so tragen Fusseneggers Vorgängerinnen allesamt bekannte Namen: Birgit Minichmayr, Veronica Ferres, Nina Hoss und Brigitte Hobmeier etwa haben vor ihr diese größte kleinste Rolle gespielt.
Kein Wunder, dass die 25-Jährige erst einmal schlucken musste, als sie den Anruf bekam, dass man sie als neue Buhlschaft haben wolle. „Im ersten Moment war ich geschockt, geschmeichelt, aufgeregt und ziemlich perplex – alles auf einmal. Und mir war klar: Das muss ich erst einmal sickern lassen.“ Es dauerte, bis die Schauspielerin zusagte. Sie musste überlegen, ob sie sich der Verantwortung überhaupt gewachsen fühlt. „Ich bin eine Grüblerin. Ich will nicht vollkommen blauäugig in eine Sache hineingehen“, so die Oberösterreicherin, die in Interviews sympathisch im Dialekt spricht.
Auch die Regisseurin Rieke Süßkow des Nicht-Theater-Ensembles, mit dem Fussenegger zusammengearbeitet hat, beschreibt die Schauspielerin als Grüblerin: „Miriam ist während des Probenprozesses und auch bei den Vorstellungen permanent auf der Suche. Sie gibt sich trotz ihres Talents nicht leicht mit etwas zufrieden, sondern geht in eine möglichst große Auseinandersetzung mit der Figur und dem Text.“
Eine Buhlschaft mit Lolita-Beigeschmack
Über ihre Interpretation der Jedermann-Geliebten hat sich Fussenegger schon Gedanken gemacht. Sie wird die zweitjüngste Buhlschaft sein, die es bei den Salzburger Festspielen je gegeben hat. Damit folgt sie auf Grete Zimmer, die 1946 als 23-Jährige neben dem Jedermann spielte. Fussenegger ist sich ihres jungen Alters bewusst: „Natürlich spielt eine 25-Jährige die Rolle anders als eine 35-jährige Frau. Ich verkörpere ein anderes Frauenbild und bin auf einem anderen Erfahrungsstand. Ich sehe da etwas Kindliches, einen Lolita-Beigeschmack, wenn man so will“, so die Schauspielerin, die gerne einmal die Kriemhild in den „Nibelungen“ oder Schillers Maria Stuart spielen würde: „Diese rohe, weibliche Kraft und Wut imponiert mir.“
Die Aufregung war groß, als das Geheimnis um die Neue am Dom-platz gelüftet wurde. Fussenegger ist „die Buhlschaft, die keiner kennt“. Die Rolle hat sie, die man erst in wenigen Bühnen- und Film-Produktionen sehen konnte, nun auf einen Schlag bekannt gemacht. Dabei hat das Spektakel noch lange nicht angefangen. Eine Unbekannte in Salzburg ist Fussenegger trotzdem nicht mehr. Letzten Sommer war sie die Lucy Brown in einer experimentellen Version von Brechts „Dreigroschenoper“. Inszeniert wurde das Stück von Julian Crouch, der auch der Regisseur vom aktuellen „Jedermann“ ist, gemeinsam mit dem Festspiel-Intendanten Sven-Eric Bechtolf.
Vom Psychologiestudium zur
Schauspielschule
Das erste Mal hat Miriam Fussenegger mit vier Jahren den Wunsch geäußert, Schauspielerin zu werden. Wirklich überzeugt davon war sie allerdings erst mit 16. „Dazwischen gab es unterschiedliche Berufswünsche wie Bäckerin, Chirurgin, Musikerin oder Archäologin.“ Ihr Heranwachsen beschreibt sie als „sehr klassisch“. Sie ist am Land in Oberösterreich groß geworden, hat mit den Nachbarskindern Räuber und Gendarm gespielt und „im Gestrüpp mit Vogelbeeren und Sandkuchen Fantasiewelten erschaffen“. Mit zehn kam sie auf ein Gymnasium mit musisch-kreativem Zweig in Linz. Hierin sieht sie den Grundstein für ihre weitere Berufswahl gelegt, auch wenn es danach erst einmal zum Psychologie-Studium nach Graz ging. Sie wollte sich „mit dem Menschen an sich auseinandersetzen“, merkte aber nach einem Semester, dass ihr „das Auswendiglernen von Hirnnerven“ doch zu trocken war, und bewarb sich an den Schauspielschulen in Stuttgart und Wien. Beides klappte auf Anhieb, Fussenegger entschied sich für die
renommierte Ausbildung am Wiener
Max Reinhardt Seminar.
Intimes Spiel und große Expressionen
Für den Landkrimi „Der Tote am Teich“ ging Fussenegger 2015 zurück in ihre oberösterreichische Heimat. In Nikolaus Leytners Regionalkrimi spielt sie an der Seite von Josef Hader und Maria Hofstätter eine junge Polizistin. „Ich habe keinen Unterschied zu den erfahreneren Kollegen bemerkt“, sagt der Regisseur über Fussenegger, die er als „sehr wache, lebendige und kluge Schauspielerin“ erlebt hat. „Miriam hat eine gute Ausstrahlungskraft vor der Kamera. Das kann man nicht herstellen. Entweder man hat es oder man hat es nicht.“
Kürzlich wurde außerdem der historische Dreiteiler „Maximilian“ fertig gedreht, in dem Fussenegger eine Hofdame spielt. Die Oberösterreicherin empfindet die Abwechslung zwischen Film und Theater als bereichernd. Sie mag die Mischung zwischen dem „intimen, leisen Spiel vor der Kamera und den großen Expressionen, der vollen Körperkraft für die Bühne“.
Jetzt kommen erst einmal die Salzburger Festspiele. Dann wird man sehen, wohin die nächsten großen Schritte führen.
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