Ein Kleid im Wandel

Brautroben waren traditionell lang, aber nicht immer jungfräulich weiß

THOMAS REINBERGER
MODE & BEAUTY, COMPLETE MAGAZIN 1/19

Foto: FLORA

In der Antike, vor über zweitausend Jahren, ist die Farbe Gelb für Bräute ein Kassenschlager. Das Hochzeitsgewand ist eine einfache Tunika, über die eine sonnige Stola drapiert wird. Den nötigen Pomp zaubern farblich korrespondierende Sandaletten. Ein Upgrade in Sachen Glamour erlebt das traditionsreiche Kleid im Mittelalter. Wer damals über das nötige Kleingeld verfügt, investiert in oscarreife Hochzeitsroben. Edle Stoffe aus Gold- und Silberbrokat fusio­nieren in kräftigen Grün-, Rot- und Blaunuancen. Ausladende, mantelartige Couture-Gewänder und üppige Dekolletés etablieren sich. In der darauffolgenden Renaissance erreichen offenherzige Frontansichten ihren Zenit, Farbnuancen einen düsteren Punkt. Mit Ende des 16. Jahrhunderts ist Schwarz en vogue vor dem Altar. Wegweisend ist dabei der spanische Hof. Goldverzierte Schleppen, fragile Spitzen und bestickte Schürzen verleihen der noblen Tristesse Glanz und Gloria. Die Rebellin dieser Dekade ist Maria de’ Medici. Im Jahr 1600 heiratet die gebürtige Italienerin den französischen König Heinrich IV. – in einem cremefarbenen Kleid. Der Legende nach löst sie damit einen Trend in Adelskreisen aus. 400 Jahre später sind den Bräuten keine Konventionen mehr gesetzt. In puncto Design verschmelzen in den Frühjahrskollektionen Nostalgie und Moderne: Tonangebend ist die Farbe Weiß in Kombination mit traditionellen Schnitten, dreidimensionalen Applikationen sowie unkonventionellen Materialien und Details.


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