Im Schnee zwischen Berg und See
Wo die Weite der Kärntner Nockberge auf die Tiefe des Millstätter Sees trifft, findet man im Winter ein Wunderland voller Möglichkeiten
Foto: Göran Assner/imagebank.sweden.se
Lassen Sie uns erst einmal übers Wetter reden: Nein, es gibt kein schlechtes in Göteborg. Es gibt nur schlechte Kleidung – und selbst diese sucht man in der zweitgrößten Stadt Schwedens das ganze Jahr über vergeblich. Eine erfrischende Brise vom Nordatlantik her bläst immer durch die alte Hafenarbeiterstadt, aber das stört hier niemanden. Im Gegenteil, ausgiebige Kaffeehausbesuche stehen an der schwedischen Westküste immer hoch im Kurs, egal ob drinnen oder draußen: Bei Minus- und vor allem bei Plusgraden frönen die Bewohner der Stadt jener Gemütlichkeit, die ihnen der Rest des Landes nachsagt. Dass die viel zitierte Behaglichkeit der Göteborger genauso wenig ein Gemeinplatz ist wie die Freundlichkeit, der lockere Humor oder die offenherzige Art, wissen Touristen und andere Neuankömmlinge sehr schnell zu schätzen. Die hiesigen Ureinwohner und langfristig Zugezogenen beschreiben sich auch selbst so (umso mehr fallen diese Zuschreibungen, wenn von den Unterschieden zur großen Schwester Stockholm die Rede ist).
Das schwedische Wort für das sorgfältige Verweilen bei Kaffee und Kuchen lautet übrigens „fika“. Selbst bei nur kurzem Aufenthalt lernen die Besucher Göteborgs dieses Wort schnell großzuschreiben. An der stadtweiten Kaffeehausdichte kommt niemand vorbei. Nicht zufällig hält die Speciality Coffee Association of Europe ihr europaweites Symposium für Kaffeespezialisten 2015 in Göteborg ab. Die Qualität der örtlichen Röstexperten wie Da Matteo, Bar Centro, Kale’i Kaffebar, Café Santo Domingo oder Two Little Birds spricht für sich – um nur eine Handvoll der besuchenswerten Ruhepunkte zu nennen. Wer beispielsweise entlang den Pflastersteingassen des Stadtteils Haga schlendert, sieht, wie sich Kaffeehaus neben Kaffeehaus in den zwei- bis dreistöckigen Holzhäusern einreiht. Im altstädtisch anmutenden, renovierten Arbeiterviertel tummeln sich Einheimische und Touristen gleichermaßen. Die Schweden mögen nicht nur ihr Koffein üppig und vielfältig, sondern auch ihre Kuchen und Süßwaren. Mehlspeisenklassiker wie die berühmte schwedische Zimtschnecke, Kanälbulle genannt, gibt es hier überall und das Café Husaren hält sogar eine tellergroße Variante im Angebot bereit.
Am besten starten Sie Ihr erstes Schlendern durch Göteborg beim Knotenpunkt Järntorget. Von dort aus sieht man die erhabenen Kräne des Industriehafens sowie den auf einer Insel gelegenen Stadtteil Hisingen. Ebenso treffen an diesem beschaulichen Platz die so typischen blauweißen Straßenbahnen auf das Folkteater mit seiner sehr empfehlenswerten Bar einerseits und dem großen Veranstaltungslokal Pustervik andererseits (dort wo sich stets neue schwedische Bands entdecken lassen). Wenige Schritte entfernt liegt die ehemals berüchtigte Straße Andra Långgatan, welche das junge Göteborg mittlerweile in den unzähligen Pubs, Cafés, Plattenläden und Boutiquen erobert hat. Entlang der beschaulichen Jahrhundertwendearchitektur der Linnégatan finden sich zahlreiche Straßenzüge, in denen moderne Restaurants und Boutiquen in die erhabenen Backsteinhäuser eingezogen sind. Unweit von Järntorget entfernt liegt auch der Kanal, welcher sich, unterhalb der Universitäten, Theaterhäuser und Museen in Vasastan, hin zum geschäftlichen und touristischen Zentrum Göteborgs schlängelt. Das berühmte schwedische Design – egal ob Mode oder Einrichtung – finden Sie in zahlreichen Auslagen dort, rund um den Göteborger Dom und bis weit über den idyllisch gepflegten Park der Trädgårdsförening hinaus.
So entspannt Göteborg auch wirkt, so wenig verschlafen sind seine Bewohner. Abgesehen vom maßlosen Kaffeekonsum liegt das aber vor allem an den zahlreichen kreativen Köpfen, welche das vermeintliche Küstenstädtchen zu einer kulturell so außerordentlich brodelnden Großstadt machen. Das Ausmaß des örtlichen Kulturangebots überrascht dann doch, allein mit der Liste an Konzertreihen, Clubnächten und Musikfestivals ließen sich diese Seiten füllen: das moderne Opernhaus samt eigener zeitgenössischer Tanzkompanie, die engagierte Theaterszene, das für ganz Skandinavien so bedeutsame Filmfestival im Januar und die zahlreichen kleinen Festspiele und Filmwochen in den restlichen Monaten, das einwöchige Stadtfest im Frühsommer, die herausragende wie breite Musikszene mit all ihren Künstlern und Labels. Das spektakulärste Beispiel ist dabei wohl das Popfestival Way Out West, welches alljährlich Anfang August inmitten der malerischen Parklandschaft Slottskogen stattfindet. Das ganze Jahr über beheimatet dieser Park Familien auf Picknickdecken, flanierende Jugendliche sowie Enten fütternde Senioren, zahllose Jogger und nicht zuletzt einen gratis zugänglichen Zoobereich (!) mit Seehunden, Pinguinen, Elchen und anderen nordischen Tierarten. Schon der Größe wegen ist diese Grünfläche beeindruckend – ganz zu schweigen vom nahe gelegenen Botanischen Garten. Ebendort ist das internationale Großereignis für alternative Popmusik in wenigen Jahren zum relevantesten Festival des Landes herangewachsen.
Erstaunlich ist auch das Nachtleben, das vor allem in den Sommermonaten die Göteborger auf die Tanzflächen treibt. Seit den frühen 80er Jahren hat das beeindruckende Do-it-yourself-Ethos der Stadtbewohner eine alternative Clubkultur etabliert, sogenannte Svart Klubbs, die das ohnehin schon sehr breite Musikangebot seit jeher enorm bereichern. Gemeint ist damit eine große Vielfalt selbst organisierter Festivals und Partys (von Jazz über Hard Rock bis Techno), die wegen Alkoholausschank und langen Sperrstunden im rechtlichen Graubereich passieren, aber von den Behörden (meist) geduldet werden. Denn was die professionelle Organisation oder die Qualität der Bookings, aber auch Sound, Atmosphäre und sogar Design betrifft, stechen diese Veranstaltungen problemlos gängige Clubs aus. Erkundigen Sie sich am besten bei den jungen Stadtbewohnern, damit ihr Name auf der richtigen Gästeliste landet. Wer den subkulturellen Puls Schwedens spüren möchte, muss unbedingt einen Svart Klubb besucht haben – vorzugsweise in Göteborg.
Doch lassen Sie uns zur Entschleunigung zurückkommen. Denn die milden Wassertemperaturen und die romantische skandinavische Natur verwandeln Göteborg zwischen Juni und August, wenn die Sonne erst nach 22 Uhr untergeht, in eine wahre Sommerperle. Das Beste der Stadt liegt nämlich vor ihrer geruhsamen Felsküste – der Schärengarten. Auf über 25 kleinen, meist bewohnten Inseln finden hier alle zu ihrem Badeglück. Auch das ist Schweden.
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