Neues Leben für Super Mario

Nintendo machte mit der NES Classic Mini den Anfang. Nun schwappt eine Retro-Welle über die gesamte Videospielindustrie

ANDREAS TANZER
ELEKTRO, COMPLETE MAGAZIN 4/17

Foto: Pixabax / LINS2333

Während andere mit Technik protzen, will Nintendo vor allem den emotionalen Nerv treffen. Das ist im Vorjahr mit der NES Classic Mini gelungen. Das kleine Kästchen, das optisch und mit 30 vorinstallierten Spiele-Klassikern das Nintendo Entertainment System (NES) aus der Glanzzeit des Unternehmens wiederauferstehen ließ, fand reißenden Absatz und wurde weit über dem offiziellen Verkaufspreis gehandelt. Doch nicht nur die Fans von Mario, Zelda & Co. können ein unkompliziertes Wiedersehen feiern. Der Erfolg der NES Classic inspirierte den einst großen Rivalen Sega, seine Helden wie Sonic the Hedgehog auf einer Classic-Mega-Drive-Konsole sowie auf der PC-Spiele-Plattform Steam zu reaktivieren. Und auch Nintendo hat diesen Herbst mit der SNES Mini noch mal nachgelegt.

Der Retro-Boom lockt auch andere aus der Versenkung. Wer könnte mehr von Nostalgie profitieren als Atari, das mit der 2600 so etwas wie die Mutter aller Spielkonsolen geschaffen hatte. Tatsächlich kündigen die Inhaber des Firmennamens die Ataribox an, die alte und neue Spielinhalte vereinen soll – und das ist so ziemlich alles, was bis jetzt bekannt ist.

Auch von Drittanbietern gibt es unzählige Konsolen oder Joysticks mit integrierten Retro-Games – in sehr unterschiedlicher Qualität. Zu den bekanntesten Anbietern zählt AtGames. Im Herbst kam die achte Version der AtGames-Atari-Flashback-Konsole, die in der Gold-Version 120 Spiele und HDMI bietet. Das ist zwar zeitgemäß, Fans der Original-Optik trauern aber der Möglichkeit nach, Röhrenfernseher anzuschließen. Wie bei vielen Retro-Konsolen mit HDMI kann man dafür verschiedene Bildeinstellungen wählen, die die pixeligen Uralt-Games auch auf Flachbildschirmen (halbwegs) ansehnlich darstellen sollen. Gleichzeitig bringt AtGames eine Flashback-Variante der Sega Mega Drive/Genesis. Die kann neben 85 installierten Spielen auch Sega-Originalmodule abspielen.

Ganz auf Orginalmodule setzt die Konsole Retron 5. Sie verzichtet auf vorinstallierte Inhalte, dafür schluckt sie die Cartridges von gleich neun klassischen Nintendo- und Sega-Konsolen und bringt sogar den Game Boy auf den großen Schirm. Wenn keine eigenen Module mehr zur Hand sind, muss man sie auf eBay & Co ergattern. Dafür kann man auch persönliche Lieblinge abseits des Mainstreams wiederentdecken.

Wer weniger den Konsolen als den Arcade-Automaten nachhängt, für den heißt das Zauberwort MAME. Mit diesem Gratis-Programm kann jeder PC die Spielautomaten-Hardware „emulieren“. Die Spiele selbst finden sich als original ROM-Files gratis (wenn auch streng genommen nicht ganz legal) im Web. So erwachen Galaxian, Xevious und Co. zu neuem Leben. Bastler bauen etwa auf Basis eines alten XP-Rechners oder der Nerd-Allzweckwaffe Rasperry Pi ihre eigene Konsole. Die Rasperry-Community bietet dazu fertige Programmpakete. Alternativ gibt es neue Automaten mit alten Spielen von kommerziellen Anbietern. Diese sind als Tisch- oder Standgerät in stilechtem Design erhältlich und haben je nach Modell bis zu 1.900 (!) Games unter der Haube. Und wer lieber am Fernseher hängt, greift zum Beispiel zu Pandoras Box 4S+ mit 815 Arcade-Klassikern.


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