Liebe Leserin, lieber Leser!
vom 02.07.2003
Bildung kommt von Bild - klingt überzeugend, nicht wahr? Oder wie wäre es damit: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Der Volksmund weiß schon lange, dass wir für Bilder eher empfänglich sind als für das gedruckte Wort. Seit geraumer Zeit lässt sich auch in der traditionell textlastigen Wissenschaft eine Wende hin zum Visuellen beobachten. Zwar waren Bilder immer schon ein integraler Bestandteil der Forschung - Galileo Galileis Mondbilder sind ebenso Erkenntnis wie die Doppelhelixstruktur der DNA -, doch haben neue Formen der Visualisierung, die mit neuen Techniken des Sichtbarmachens und Abbildens einhergehen, in den letzten Jahren das Verhältnis von Bild und Text zumindest in den Naturwissenschaften einigermaßen verschoben. In den bedeutenden Fachzeitschriften erscheint kaum mehr ein Aufsatz, der nicht bebildert wäre. Mittlerweile gehören hochauflösende Spezialdrucker genauso zur Standardausrüstung in Labors wie professionelle Grafiksoftware.
Die neuen Techniken der Bildver- und -bearbeitung bringen es aber auch mit sich, dass der Informationswert wissenschaftlicher Illustrationen in Diskussion geraten ist. Nichts lässt sich leichter verändern als ein Bild - absichtlich oder unabsichtlich. Dazu kommen die Tücken der Reproduktion: "Welche Farbpaletten haben Sie denn zur Verfügung?", fragte die Wiener Zellbiologin Elisabeth Waigmann nach, als sie von "heureka" um ein Bild gebeten wurde. Denn: "Das mit den fluoreszierenden Proteinen könnte schwierig werden." Wird unsere Wiedergabe auf Seite 21 wohl ihren Maßstäben genügen? Als Waigmann kürzlich von einer Fachzeitschrift einen Korrekturvordruck erhielt, war die Farbqualität so dürftig, dass sie ihren Aufsatz nicht zur Publikation freigab.
Auch die Wissenschaftsfotografin Felice Frankel, deren Arbeiten regelmäßig die Titel von "Science" und "Nature" zieren, wartete mit einer für uns ungewohnten Frage auf: "Auf welchem Papier werden Sie meine Fotos drucken? Hoffentlich nicht auf Zeitungspapier?!" Es ist nachgerade eine Selbstverständlichkeit, dass uns Frankel nicht etwa Abzüge geschickt hat, sondern Dateien in feiner Auflösung. Überhaupt hat sich das Bildangebot als so reichhaltig erwiesen, dass wir unsere Hausfotografen gar nicht losgeschickt haben.
Die Wissenschaft und ihre Bilder, das ist ein so facettenreiches und buntes Thema, dass wir diese Ausgabe nicht nur farbig, sondern unter der umsichtigen Bildregie von Reinhard Hackl einen Teil auch ganz anders als üblich gestaltet haben. Nämlich mit großzügigen Bildern - und mit Texten, die diese illustrieren, ab Seite 14. Eine Zeichnung für diesen Teil hat unter anderen der Zoologe und Psychologe Tecumseh Fitch beigesteuert. Hocherfreut, einmal nicht als Experte für Tierlaute, sondern als Zeichner interviewt zu werden, brachte er einen Stapel Aktzeichnungen mit. Dass es "heureka" dann doch eher um die Illustrationen seiner wissenschaftlichen Publikationen ging, trug Fitch mit Fassung.
So, das waren bis hier 416 Worte. Hätte ein Bild mehr gesagt? Einen bildschönen Sommer wünschen jedenfalls