Liebe Leserin, lieber Leser!
vom 07.07.2004
Am Wochenende war Staffelübergabe. Als die Kicker in Portugal am Sonntag den letzten Ball im Netz versenkten, hatten sich die Radprofis bereits zu ihrer Rundfahrt durch Frankreich aufgemacht. Inoffizieller Beginn des "härtesten Radrennens der Welt" war freilich bereits am letzten Donnerstag. Da mussten alle Teilnehmer zum Bluttest antreten.
Wer hat im Wettrüsten zwischen Übertretern und Kontrolleuren derzeit die Nase vorne? Mit welchen Dopingsünden dürfen wir bei den Olympischen Sommerspielen rechnen? "heureka" hat bei Olivier Rabin nachgefragt: Der Forschungsdirektor der Weltantidopingagentur WADA kennt die Schliche der Spitzensportler. Dass diese Wirkstoffe einnehmen, deren Nebenwirkungen noch gänzlich unerforscht sind, bleibt ihm dennoch unerklärlich. Dabei wusste schon der sport- und vor allem boxinteressierte Bert Brecht: "Der große Sport beginnt dort, wo die Gesundheit endet."
Die Geschichte des Dopings reicht weit zurück, eine Wurzel findet sich auch in Österreich. So injizierte sich Ende des 19. Jahrhunderts der begeisterte Sportler und spätere Chemie-Nobelpreisträger Fritz Pregl im Selbstversuch ein Stierhodenextrakt. Angeblich steigerten die Geschlechtshormonone die Muskelkraft.
Damals wurde die Leibesertüchtigung freilich bestenfalls am äußersten Rand der Physiologie gesehen. Im Zuge der Professionalisierung des Sports hat sich dessen Verhältnis zur Wissenschaft umgekehrt. Heute widmen sich eigene Forschungsinstitute der Entwicklung besserer Trainingsmethoden und Wurftechniken oder dem Design eines dynamischeren Carvingskis. Jeder Laufschuh kommt heute als Hightechprodukt daher.
Die Vorbereitung auf Athen hat auch zahlreichen Medizinern, Psychologen und Ergodynamikern Höchstleistungen abverlangt. Wenn am 13. August Olympia nach Hellas heimkehrt, wird bei aller Technikseligkeit diesmal aber auch sehr gezielt mit historischen Bezügen gearbeitet. So wollen uns die griechischen Veranstalter gerne weismachen, dass der von ihnen geforderte olympische Friede eine Errungenschaft der Antike sei. Das Gegenteil ist richtig: Die Spiele wurden damals als Vorbereitung auf den Krieg gesehen, die Olympioniken im alten Griechenland stählten sich für den Kampf, und es konnte auch ziemlich blutig zugehen bei den Wettkämpfen. Ein unterlegener Ringer wurde von seinem Trainer totgeschlagen. Weitere olympische Mythen erschüttert Ulrich Sinn, den Kai Michel porträtiert hat.
Die globalisierte Sporteventindustrie wird sich davon freilich nicht beirren lassen. Nach der EM ist vor der EM. 2008 wird die Fußballeuropameisterschaft in Österreich und der Schweiz ausgetragen. Nachdem in Portugal die Budgets ebenso wie die Blütenträume von hohen Einnahmen geplatzt sind, hat sich Lukas Wieselberg gefragt: Lohnt es sich für Österreich, in Großereignisse zu investieren? Investiert wird in Österreich auch in die Verbesserung der Wissenschaftskommunikation. Dank der fortgesetzten Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird "heureka" auch 2004 und 2005 erscheinen. Im Herbst folgen die nächsten drei Ausgaben. Einen schönen Sommer mit der individuell richtigen Dosis Sport wünschen