Tierischer Drogenmissbrauch
vom 16.12.2009
Vom Schnüffeln ist das Moschusrind
Inzwischen schon so gut wie blind.
Dem alternden Chamäleon
verhilft der Mohn zur Erektion.
Das Rauschgift macht den Albatros
vorübergehend hemmungslos.
Das Wildschwein drückt zuerst aus Frust,
am Ende aus Zerstörungslust.
Schon wieder hat der Ochs gelogen
(angeblich nimmt er keine Drogen…).
So mancher Specht aus altem Adel
hängt schon seit Jahren an der Nadel.
Nur Keniagras verschafft dem Rhino
im Kopf das geile Actionkino.
Vom Koks bekommt der Pelikan
den absoluten Größenwahn.
Beliebt ist unter Wasserbüffeln
seit Jahr und Tag das Uhu-Schnüffeln.
Dem Fahnder schwört das Hermelin,
es sei schon seit zwei Jahren clean.
Pro Abend braucht der Pinguin
zumindest ein Gramm Kokain.
„Man braucht“, seufzt resigniert die Dohle,
„zum Koksen leider sehr viel Kohle.“
Schon nach der ersten Überdosis
weiß keiner mehr, was wirklich los is.
Es ist ein Jammer wie die Mücken
sich fertig machen mit dem Drücken.
Klammheimlich hat der Zitterrochen
das ganze Mescalin erbrochen.
Begeistert gluckst das zu’ne Lama
„Törnt echt gut an, das Maiuama“
So stoned wie Pilzfreund Castañeda
ist von den Molchen praktisch jeder.
Es hat so manche fette Sau
sich krumm verdient am Mohnanbau.
Als Abschluss setzt der Oktopus
sich aus Versehn den goldnen Schuss.
Zur Person:
Volker Kriegel (1943–2003) war einer der wichtigsten deutschen Jazzrock-Gitarristen, dazu Cartoonist und Schriftsteller.
Das erstmals 1987 veröffentlichte Gedicht gibt es im kürzlich aus Kriegel-Gedichten kompilierten Büchlein „Tierische Reime“. Zürich 2008 (Kein & Aber), 80 S., € 10,20.
Veröffentlichung mit freundlicher
Genehmigung von Kein & Aber.