Und wie komm ich jetzt an die Uni?

Die neuen Regelungen zur Studienplatzfinanzierung sollen mehr Planungssicherheit und bessere Betreuungsverhältnisse an den Unis schaffen

Sonja Dries
vom 24.04.2013

Das Wissenschaftsministerium nennt sie einen "ersten wichtigen Schritt". Für die Technische Universität Wien jedoch sei sie "nicht akzeptabel", und die Universitätenkonferenz (uniko) spricht von einem "nicht perfekten System".

Die Testphase zur neuen Studienplatzfinanzierung ist angelaufen und sorgt gleichermaßen für Kritik und Lob, vor allem aber für Verwirrung bei Studienanfängern. Nach langen Verhandlungen zwischen Hochschulen und Wissenschaftsministerium ist ein komplexes System entstanden, das die Studienqualität an Österreichs Universitäten in Zukunft verbessern soll.

An der Grenze des Machbaren

Für fünf stark nachgefragte Studienfelder, nämlich Architektur und Städteplanung, Biologie und Biochemie, Informatik, Pharmazie und Wirtschaftswissenschaften, hat das Wissenschaftsministerium die österreichweite Mindestzahl der Studienanfängerplätze gesetzlich festgelegt.

Betroffen sind die Unis in Wien, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz und Salzburg, die TU Wien und Graz, die WU Wien und die Universität für Bodenkultur.

Laut Ministerium wurden die Mindestplätze mit den Hochschulen ausverhandelt, sie orientieren sich grundsätzlich an den Anfängerzahlen des Studienjahres 2011/12. Doch die endgültige Festsetzung stößt auf Kritik bei den betroffenen Rektoren.

"Wir können nicht bestätigen, dass wir für dieses verpflichtende Angebot von Studienplätzen auch die Ressourcen haben. Ich möchte gegenüber Studieninteressierten fair sein. Die Kolleginnen und Kollegen in der Lehre sind schon an der Grenze des Machbaren", sagt Sabine Seidler, Rektorin der TU Wien.

So verfüge die Architektur und Raumplanung an der TU Wien realistischerweise über Kapazitäten für rund 535 neue Studierende. Vom Ministerium waren 1.030 Studienplätze vorgesehen. Für Seidler ein Grund, den Zusatz zur Leistungsvereinbarung mit dem Ministerium nicht zu unterschreiben. Sie verzichtet auch auf die durch die neuen Regelungen ermöglichten Aufnahmeverfahren.

Aussieben von Studierwilligen

Ab 15. April mussten sich die Studienbewerber in den fünf betroffenen Feldern online registrieren. Wenn mit Ablauf der Registrierungsfrist die festgelegte Anzahl der Studienplätze überschritten wird, können die Universitäten ein Aufnahmeverfahren durchführen.

Dieses besteht in der ersten Phase aus einem Self-Assessment-Test, der online durchgeführt und nicht benotet wird. Oder einem Motivationsschreiben, bei dem laut Martin Polaschek, Vorsitzender des uniko-Forums "Lehre" und Vizerektor der Uni Graz, eine hohe Toleranzgrenze gelte. Alleiniges Ziel dieser Phase sei laut Polaschek, dass die Studierenden darüber reflektieren, ob das angestrebte Studium die richtige Wahl für sie sei.

In einer zweiten Phase führen die Universitäten Multiple-Choice-Prüfungen durch, um weitere Studierwillige auszusieben. Der Stoff sollte vier Monate vor der Prüfung, die in jedem Studienfeld am selben Tag stattfindet, auf der Homepage der jeweiligen Universität bekannt gegeben werden.

Sind an einer Universität weniger Studienanfänger in einem Feld registriert als gesetzlich festgelegt, können die freien Plätze mit Studierenden von anderen Universitäten aufgefüllt werden.

Und wer sagt es den Studierwilligen?

Obwohl sich die Hochschulen bereits seit Dezember mit dem Thema auseinandersetzen, um einheitliche Verfahren zu beschließen, unterscheiden sich die Fristen für die Anmeldung zum Teil erheblich.

Grund seien laut Polaschek die verschiedenen Verwaltungsabläufe. Wo man in den Feldern Pharmazie und Biologie bis 2. August Zeit, hat sich zu registrieren, muss dies bei den Wirtschaftsfächern schon bis Ende Mai passiert sein. Studienanfänger in den Fächern Architektur und Städteplanung haben bis Mitte Juni Zeit.

Um Studieninteressierte über die neuen Fristen und Regelungen zu informieren, haben das Ministerium, uniko und die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) Anfang April eine Informationskampagne gestartet. Mit Inseraten in verschiedenen Printmedien und Informationsarbeit in jenen Foren, in denen sich die Zielgruppe befindet, sollen potenzielle Studienanfänger auf die Neuregelungen aufmerksam gemacht werden.

Unterrichtsministerin Claudia Schmied und Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle informieren alle Maturanten in einem gemeinsamen Brief direkt über die Neuerungen.

Der Generalsekretär der ÖH, Christoph Huber, kritisiert jedoch die enorm kurze Zeitspanne zwischen der Veröffentlichung des Gesetzes und den ersten Aufnahmeprüfungen.

Die verschiedenen Regelungen und Fristen seien ein unübersichtliches Wirrwarr. Vor allem bei den Schulbesuchen der "MaturantInnenberatung" habe sich laut Huber eine extreme Verunsicherung darüber gezeigt, dass bis vor Kurzem nicht klar war, welche Universitäten Aufnahmeprüfungen durchführen. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle erwartet, dass angehende Akademiker in der Lage sind, sich rechtzeitig und selbstständig zu informieren. Die Kritik an den neu gesetzten Maßnahmen könne er zwar verstehen, teilen würde er sie aber nicht, da man sich einem Ziel - in diesem Fall der verbesserten Qualität in stark frequentierten Fächern - nur schrittweise nähern könne.

Neue Pläne für die TU Wien

Wenig Verständnis zeigt Töchterle für das Vorgehen der Technischen Universität Wien. Diese hätte jetzt die Möglichkeit, die Studienplätze in der Architektur, wo es bisher laut TU viel zu viele Studierende gegeben hätte, um etwa 30 Prozent zu reduzieren. Statt diese Teilverbesserung herbeizuführen, hätte die TU Wien laut Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle jedoch auf dem Optimum, nämlich 50 Prozent Reduktion, bestanden und sei zu keinem Kompromiss bereit gewesen.

Rektorin Seidler spricht hingegen von einem "ehrlichen Zugang zur Verbesserung der Studiensituation" ihrerseits. Sie wolle keinesfalls die Hände in den Schoß legen, sondern an Plänen arbeiten, die realistische Anfängerzahlen in ein qualitatives Betreuungsverhältnis bringen soll.

Mehr Professoren für die Unis

Auch der Vorsitzende des uniko-Forums "Lehre", Martin Polaschek, möchte darauf hinweisen, dass in Österreich noch lange keine perfekten Studienbedingungen herrschen. Er habe im Gespräch mit jungen Menschen gemerkt, dass die Meinung bestehe, man komme in ein perfektes System, in dem die Betreuungskapazitäten passen, wenn man die Zulassungsbeschränkungen überwunde hätte. Dies sei bisher aber noch nicht der Fall.

Dennoch geht Polaschek davon aus, dass die Unterstützung der Republik für die Hochschulen mittelfristig bemerkbar wird. In den nächsten drei Jahren sollen 36 Millionen Euro für zusätzliche Personalressourcen, rund 95 zusätzliche Professoren, an die Unis gehen.

Zumindest gäbe es jetzt Planungssicherheit für die immer noch vorhandenen Überkapazitäten, die er als Vizerektor selbst an der Uni Graz zu spüren bekommt. Dort habe man im Bereich der Laborwissenschaften bisher 60 Laborplätze gehabt. Durch die Gelder der Leistungsvereinbarung konnten diese auf 80 Plätze ausgebaut werden. Hundert Pharmazie-Anfänger könnte man laut Polaschek an der Uni Graz jetzt gut betreuen, das Gesetz sieht jedoch eine Mindestzahl von 390 Studienanfängerplätzen vor.

Mehr Infos zu Registrierung und Auswahlverfahren auf: www.studienbeginn.at

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