Soziobiologie

Das wilde Sexleben der weiblichen Hausmäuse

Weibliche Mäuse tun es mit vielen Männchen nur für die Kinder -damit sie der Vater nicht frisst

SABINE EDITH BRAUN
vom 06.11.2013

Weibchen der Wilden Hausmaus (Mus musculus) bevorzugen mehrere Geschlechtspartner -die Jungen eines Wurfes haben oft verschiedene Väter. Sie tun das aber nicht zum eigenen Vergnügen, sondern zum Schutz ihrer Nachkommenschaft. Das fand Kerstin Thonhauser von der Vetmed-Uni im Rahmen ihrer PhD-Studien heraus.

"Der reproduktive Erfolg einer männlichen Maus steigt mit der Zahl der Weibchen, die sie befruchten kann", erklärt die Verhaltensforscherin: Je größer die Mäuseschar, desto größer das Ansehen in der Mäusecommunity. Deshalb gehen Männchen selbst das Risiko ein, bei der Verpaarung von Feinden gefressen zu werden.

Weibchen sind durch die Anzahl ihrer Eizellen in ihrem Reproduktionserfolg limitiert, nicht durch die Anzahl an Geschlechtspartnern. Da die Spermien eines Männchens für die Befruchtung aller Eizellen ausreichen würden, stellt sich die Frage, warum sie trotzdem das Risiko der zusätzlichen Verpaarung eingehen.

"Ich wollte wissen, wie Mäuseweibchen reagieren, wenn sie zwischen mehreren Geschlechtspartnern wählen können und nicht genötigt werden", sagt Thonhauser. Auf Bauernhöfen und in Pferdeställen fing die Zoologin die Elternpaare jener 96 Versuchsmäuse, die im Labor das Licht der Welt erblickten. In einem Mausversuchsraum der Vetmed Wien, einer alten Flughalle, wurden die 96 Mäuse (32 Weibchen, 64 Männchen) mehrere Wochen lang wiederholt beobachtet.

"Wir fanden heraus, dass sich Weibchen besonders promiskuitiv verhalten, wenn sie mit sexuell unerfahrenen Männchen konfrontiert sind." Die nämlich haben eine besondere Neigung zum Infantizid: Sie töten Jungtiere der eigenen Art, um ihren Reproduktionserfolg zu erhöhen.

Je promiskuitiver die Weibchen sind, desto eher steigt die Wahrscheinlichkeit der Männchen, die eigenen Nachkommen zu töten -und daher unterlassen sie dieses Töten. "Der Grund für das promiskuitive Verhalten ist somit die Verhinderung des Infantizids", erklärt Thonhauser, deren Studie auch in Behavioral Ecology und in Sociobiology erschien.

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