Bär begegnet Mensch: Wer wird zum Opfer?

Slowenien und die Slowakei beherbergen große Bärenpopulationen. Verirrt sich einer nach Österreich, kann das sein Ende sein

DIETER HÖNIG
vom 27.05.2015

Roznik wurde nur drei Jahre alt. Im April 2009 tauchte der Bär in einem Park von Laibach auf, wurde dort gefangen, mit einem Satelliten-Halsbandsender versehen und im slowenischen Bären-Kerngebiet freigelassen. Der junge Bär war viel unterwegs, konnte immer wieder gesichtet werden und wurde schließlich zum "Medienstar". Am 27. Mai betrat Roznik erstmals Kärntner Boden und wurde zwei Tage später im Raum Bad Vellach von einem Wilderer erlegt. Der Körper samt Kopf, aber ohne Fell, wurde in einem Bach nahe dem slowenischen Ort Solcaca gefunden.

"Dieser Fall löste Empörung aus. Vor allem in Slowenien. Er warf ein schlechtes Licht auf das Schicksal zuwandernder Bären in Kärnten", bedauert Kärntens Bärenanwalt Bernhard Gutleb. Die fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung stellt in manchen Teilen Europas eine Bedrohung für Bären dar. Obwohl bei der seltenen Begegnung von Mensch und Bär der Bär praktisch immer das Opfer ist. Braunbären, Luchse, Wölfe und andere Wildtiere beginnen, Lebensräume zurückzuerobern. "Aber nur, wenn wir ihnen die Chance dazu geben", sagt Claudia Mohl vom WWF Österreich. Heute leben auf dem Gebiet der EU knapp 4.000 Bären. In Slowenien und der Slowakei gibt es lebensfähige Bärenpopulationen. Auch expandiert die italienische Reliktpopulation im Trentino durch die Umsiedlung von Bären aus Slowenien wieder.

Falter Heureka: Herr Gutleb, ist die Skepsis der Österreicher in puncto Bärenansiedlung berechtigt?

Bernhard Gutleb: Skepsis und Vorbehalte sind meist emotional begründet. So kann man ihnen mit logischen, pragmatischen Informationen kaum beikommen. Der Braunbär ist in unseren Breiten ein scheuer, dämmerungs- und nachtaktiver Waldbewohner mit einem Geruchssinn weit über dem der besten Spürhunde. Die Chance, einem der zehn Tiere in Kärnten zu begegnen, ist extrem gering. Auch ihr Schadenspotenzial ist verhältnismäßig klein. Bären ernähren sich überwiegend pflanzlich.

Ist es bei uns je zu tödlichen Begegnungen für Menschen mit einem Bären gekommen?

Gutleb: In Österreich gab es seit 500 Jahren keinen Todesfall durch einen Bären, ja nicht einmal eine Verletzung -mit Ausnahme eines Bauern, der Ende des 19. Jahrhunderts bei einer Treibjagd vom verwundeten Bären schwer verletzt wurde. Das lief unter Notwehr. Also war immer der Bär das Opfer.

Was sind Ihre Erfahrungen in Kärnten mit Bären?

Gutleb: Die Bevölkerung ist nach mittlerweile 25-jähriger Informationsarbeit sehr gut informiert und relativ schwer aus der Ruhe zu bringen. Einzelne Interessenvertreter versuchen zwar, den Bären zu instrumentalisieren, das gelingt aber nur beschränkt. Die etwa zehn Bären in Kärnten wurden während vieler Jahre etwa zehnmal gesichtet. Sie richteten pro Jahr einen Schaden von 25 Schafen und ein paar Bienenstöcken an, der selbstverständlich vergütet wurde. Alles in allem eine recht entspannte Situation.

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