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Wo in unserem Land sieht man die Spuren des Anthropozäns am meisten?
"Überall", sagt Ronald Pöppl, Senior Lecturer am Institut für Geografie und Regionalforschung der Universität Wien. Ob am Berg oder im Tal, in den Wäldern oder Flusslandschaften Österreichs, aber auch anderer Nationen: Die Spuren des Menschen sind allgegenwärtig. Und mit dem Wandel der Landnutzung ändert sich auch die Erdoberfläche.
"Etwa durch den Abbau von Rohstoffen oder die Errichtung von Bauwerken", erklärt Pöppl. "Aber auch indirekt durch die Manipulation der Vegetationsbedeckung."
Werden Bäume abgeholzt, erodiert das Erdreich. Bestellt man das Feld, werden Sedimente weitertransportiert. Im Grunde, macht Pöppl klar, verlagert der Mensch das Erdreich unablässig. Zum Beispiel beim Pflügen. "Die Verlagerung von Material in ackerbaulichen Gebieten geht Jahr für Jahr in die Tonnen pro Hektar", sagt Pöppl. "Und wenn es anderswo wieder abgelagert wird, verändert das natürlich das Erdrelief."
Geomorphologische Prozesse sind das Kernthema des 35-Jährigen. In der Arbeitsgruppe Geomorphologische Systeme und Risikoforschung (ENGAGE) befasst er sich mit den Veränderungen des Erdreliefs sowie mitNaturgefahren und -risiken. Diese gibt es überall dort, wo Material in Bewegung kommt. Etwa in Form von Vermurungen, Hangrutschungen, Steinschlag oder Überschwemmungen. Alles Ereignisse, die der Mensch durch sein Handeln beeinflusst. Und die ihn unmittelbar betreffen.
Die langlebigen Spuren unserer allzu menschlichen Aktivitäten
Die Entscheidung, ob das Anthropozän nominell als neues Erdzeitalter ausgerufen wird, fällt voraussichtlich im August beim Internationalen Geologischen Kongress in Kapstadt.
Seit 2009 ist eine knapp 40-köpfige Arbeitsgruppe im Auftrag der Internationalen Stratigraphischen Kommission (ICS) damit befasst zu beurteilen, ob das wissenschaftlich sinnvoll ist. Auch der Geologe Michael Wagreich von der Universität Wien gehört dazu (siehe Interview Seite 14). Laut einer aktuellen Publikation im renommierten Wissenschaftsmagazin Science stehen die beteiligten Wissenschafter der Neuklassifizierung positiv gegenüber. Die Unterschiede zum Holozän, das 11.000 Jahre recht stabil gewesen sei, seien doch recht deutlich.
"Die jährlich vom Menschen produzierte Menge an Beton ist mittlerweile mit dreizehn Gigatonnen gleich groß wie jene an Sedimenten, die pro Jahr auf natürlichem Weg von allen Flüssen und Strömen der Erde verfrachtet wird. Das ist schon ein Zahlenwert, der einem zu denken gibt", nennt Michael Wagreich im Medienportal der Universität Wien ein eindrucksvolles Beispiel.
Auch Pöppl begrüßt die Diskussion ums Anthropozän. "Sie ist zwar kontrovers", konstatiert er. "Aber sie hat Signalwirkung." Diese hält er für noch wichtiger als das tatsächliche Einleiten der neuen Epoche. "Dass man öffentlich darüber spricht und damit ein Bewusstsein für den Zustand unseres Planeten schafft, empfinde ich als das Wesentliche."
Der moderne Mensch als dominierende geomorphologische Kraft
Die Anthropogeomorphologie -ein Forschungsschwerpunkt von ENGAGE -ist eine junge, aber innerhalb dieser Diskussion bedeutsame Disziplin. Nicht nur kennzeichnen die von Menschenhand beeinflussten Formen des Erdreliefs das Anthropozän. Sie prägen auch den oberflächennahen Untergrund. Somit sind sie eine sogenannte "stratigraphische Einheit".
Erste signifikante Veränderungen von Erdreliefs zeigten sich schon zu Beginn des Neolithikums mit der Sesshaftwerdung von Menschen.
Mit der Industrialisierung aber, insbesondere seit dem 20. Jahrhundert, haben sich diese Prozesse enorm intensiviert. Zum einen, weil durch das rapide Bevölkerungswachstum neue Ressourcen erschlossen werden mussten. Aber auch die zunehmende Verstädterung (beispielsweise leben achtzig Prozent der Deutschen in Städten) sowie industrielle und landwirtschaftliche Aktivitäten spielen mit hinein. "Und natürlich das Klima", ergänzt Pöppl.
"Wenn sich extreme Niederschlagsereignisse häufen und zugleich der Boden durch Schlägerungen oder abgestorbene Bäume erodiert, sind das alles Faktoren mit ernsten Folgen für den Menschen."
Darüberhinaus haben in einem alpinen, stark land-und forstwirtschaftlich genutzten Land wie Österreich Gewässersysteme eine wichtige Funktion. Deshalb hat Pöppl diese in Zusammenhang mit landwirtschaftlicher Nutzung, Dammbauten und Gerinneverbauungen genauer erforscht. "Flüsse sind Lebensadern", sagt er. "Und sie verbinden Landschaftsräume miteinander."
Ufervegetation prägt Sedimenthaushalt und Morphologie von Fließgewässern
Die Ufervegetation hat erheblichen Einfluss auf den Sedimenthaushalt und die Morphologie, also den Formenreichtum, unserer Fließgewässer. Gehölzpflanzen stabilisieren die Ufer und verhindern die Erosion des Erdreichs.
Pöppl verweist auf Fotos des Lassingbachs im südlichen Niederösterreich. Hier sind deutlich zu viele Weiden und Erlen entfernt worden. "Dadurch wurde das Erdreich verstärkt abgetragen und der Lauf des Lassingbachs verändert", erklärt er. "Außerdem spielen Fließgewässer generell eine kritische Rolle, was den Weiter-und Abtransport von Material betrifft."
Mit der Veränderung des Sedimenthaushalts, etwa von Grob-zu Feinsediment, kann sich auch der Charakter eines Gewässers ändern. So wird etwa aus einem schnell fließenden, sauerstoffreichen Bächlein mit der Zeit ein stehender Tümpel. Fließgewässer transportiern heutzutage aber nicht nur Sedimente. Sie schwemmen auch Düngemittel aus angrenzenden Ackerflächen in die Gewässer und beeinflussen so die Wasserqualität.
"Die Konsequenzen betreffen das gesamte Ökosystem Fluss", so Pöppl, "auch Tiere und Pflanzen". Die Dezimierung der Uferbewachsung hat unter anderem damit zu tun, dass Siedlungen und Landbewirtschaftung im Laufe der Geschichte immer näher an die Gewässer herangerückt sind.
Flussrückbauten bringen keine Rückkehr zum ursprünglichen Flussbett
Besonders einschneidend sind Prozesse, die Staudämme und Flussverbauungen auslösen. Im Staubereich häufen sich Sedimente, der Abschnitt verlandet. Und dammabwärts kommt es aufgrund von Sedimentmangel zu Klarwassererosion. Diese vertieft die Gewässersohle, und leicht mobiliserbares Sediment wird weggeschwemmt.
Das kann zur Unterspülung von Verkehrswegen oder Brücken, dem Verlust von Ackerland und Habitatschädigungen führen. Also ging man dazu über, Dämme zunehmend rückzubauen oder zu entfernen. Aber auch das führt zu geomorphologischen Veränderungen, etwa Erosionen in dammaufwärtigen Gerinneabschnitten.
Nicht einmal der Versuch, dem mit Gerinneverbauungen entgegenzuwirken, kann den ursprünglichen gewässermorphologischen Zustand wiederherstellen. "Durch Verbauungen wird das durch die Staudämme entstandene Erdrelief gewissermaßen konserviert bzw. vererbt", so Pöppl.
In einer Studie am niederösterreichischen Kajabach konnte er anhand der dortigen geomorphologischen Merkmale von Dammerrichtung, -entfernung und darauf folgender Uferverbauungen zeigen, dass auch kleine Dämme in kleinen Einzugsgebieten das Relief nachhaltig verändern können.
Was lernt man daraus?"Nach dem Boom zu Flussregulierungen und -begradigungen in den 1970er-Jahren ist mit der Grünbewegung das ökologische Bewusstsein gestiegen", erklärt Pöppl. Heute weiß man auch, wie wichtig Retentionsbereiche für Flüsse sind. In diesen können sie sich ausbreiten, ohne Schaden anzurichten. "Rückbau ja, aber mit Bedacht", sagt Pöppl. "Und nicht nur punktuell, sondern unter Berücksichtigung des Gesamtsystems." Im Gebirge sei das alles übrigens noch viel sensitiver. "Auch die Zubringer unserer großen Flüsse kommen aus dem Alpenraum", betont er. "Das macht den Blick auf das Ganze als großes System umso wichtiger."