MATHEMATIK

Das Geheimnis der L-Funktionen

Pionierarbeit in den unendlichen Weiten der Zahlentheorie

Uschi Sorz
vom 23.11.2016

"L-Funktionen sind so etwas wie der Heilige Gral der Zahlentheorie", sagt Harald Grobner von der Fakultät für Mathematik der Uni Wien. "Oder besser noch: die Bundeslade!" Das ist ein guter Vergleich. Denn in dieser sollen sich ja die zehn Gebote befunden haben, sprich die biblischen Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens. L-Funktionen enthalten alles Wissen über die Zahlentheorie. Sie beschreiben die Grundregeln, die das Zusammenwirken der Primzahlen bestimmen sollen. Der Knackpunkt: "Wir wissen, wo die Lade ist, bekommen sie aber erst einen Spalt weit auf", so Grobner. "L-Funktionen sind extrem schwierig zu untersuchen." Der 35-Jährige möchte "diesen kleinen Spalt etwas vergrößern". Und hat sich damit einem der größten Ziele der zahlentheoretischen Forschung verschrieben. Für sein Projekt "Spezielle L-Werte und p-adische L-Funktionen" hat er unlängst einen START-Preis des FWF erhalten.

Rätsel mochte Grobner schon als jugendlicher Krimileser. Je komplizierter und widersprüchlicher das Indiziennetz, desto besser. "Der Reiz ist die Auflösung", sagt er. Und das sei mit mathematischen Problemen genauso. "Was anfangs unlösbar scheint, weil die Teile noch nicht richtig zusammenpassen, kann irgendwann als ein einziges großes, hunderprozentig stimmiges Bild erkannt werden." Ein erhebender Moment. "Für mich ist Mathematiker der beste Beruf der Welt", schmunzelt der Vater eines kleinen Sohnes.

Grobner ist Grundlagenforscher und liebt abstrakte Gedankengebäude. Dennoch hält er es für einen der Pluspunkte seines Fachs, dass diese auch praktisch anwendbar sind. So im Fall der Zahlentheorie für die Datensicherheit. "Verschlüsselungsmethoden beruhen auf Primzahlen", erklärt er. "Die RSA-Verschlüsselung etwa auf dem Prinzip, dass es zwar leicht ist, das Produkt von Primzahlen auszurechnen, aber selbst für Computer langwierig, große Zahlen in ihre Primfaktoren zu zerlegen."

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