: BRIEF AUS BRÜSSEL

Sugar, sugar!

Emily Walton
vom 25.10.2017

Wenn in Brüssel das Thema Universitäten auf der Tagesordnung steht, dann zumeist in positivem Kontext: Üblicherweise gibt es dann eine neue, grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Hochschulen zu präsentieren. Oder zumindest die neueste Statistik der Europäischen Kommission zum allseits geschätzten Erasmus-Programm.

Nun aber war eine eigene, belgische Universität gleich zwei Mal großes Gesprächsthema in Brüssel - und beide Male auch noch mit fetten Negativ-Schlagzeilen.

Pünktlich zu Semesterbeginn wurden vor der Freien Universität Brüssel nämlich Werbeplakate aufgestellt, auf denen Studentinnen - hübsche Studentinnen, wohlgemerkt -ermutigt wurden, mit reiferen, reicheren Männern auszugehen: Eine Kampagne für eine Dating-Website, die junge, gutaussehende Frauen, an "Sugardaddys", also ältere, wohlhabende Männer vermittelt.

Die Universität beschwerte sich prompt beim Werbe-Ethikausschuss. Die Präsidentin der französischsprachigen Studentenvertretung meinte: "Die jungen Frauen brauchen Stipendien, keine Sugardaddys."

Mit den freizügig gestalteten Plakaten wurde freilich auch bei so manchem Brüsseler die Erinnerung an eine unrühmliche Aktion der Uni selbst geweckt: Zu einer Diplomfeier der Medizinischen Fakultät gab es vor dem Sommer eine kleine Anleitung den Dresscode betreffend. In der Einladung hieß es: "Von einem ästhetischen Gesichtspunkt aus betrachtet, wäre es wünschenswert, wenn junge Frauen ein Kleid oder Rock und einen schönen Ausschnitt tragen." Was ältere Frauen anziehen sollten, blieb unerwähnt. Männern wurde in dem Schreiben das Tragen eines Anzugs nahegelegt.

Nach kurzer öffentlicher Aufregung entschuldigte sich die Freie Universität: Die Hinweise zur gewünschten Kleidung der Absolventinnen seien "deplatziert" und würden freilich den Werten widersprechen, die die Medizinische Fakultät und die gesamte Hochschule in ihrer täglichen Arbeit leiten würden.

Der Medizin-Dekan versuchte zwar nicht, die sexistische Einladung zu rechtfertigen. Immerhin eines konnte er aber versichern: Die Einladung kam aus dem Sekretariat. Was die Sache für ihn umso überraschender gemacht habe. Denn dort, so der Dekan, arbeiten ganz gewiss keine Sugardaddys - sondern ausschließlich Frauen.

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