: BRIEF AUS CAMBRIDGE

Die Universität Cambridge steckt tief im Cambridge-Analytica-Skandal

Rechtfertigt der Fortschritt wirklich jeden Preis? An der Schnittstelle von Mensch und Technologie entsteht ein neues Forschungsspannungsfeld

Lukas Schöppl
vom 25.04.2018

Vorlesungsfreie Zeit in Cambridge: Wer jedoch glaubt, dass hier gerade nichts los ist, irrt. Die Universität macht in letzter Zeit nicht gerade positive Schlagzeilen. Der Aufstand der Professoren ist fürs Erste vorüber, doch ein erneuter Streik ist nicht auszuschließen. Außerdem bildet die Universität Cambridge mit Oxford das Schlusslicht in einem landesweiten Ranking zu fairem und klassenfreiem Hochschulzugang. Darüber hinaus musste Cambridge vor Kurzem Daten zum Gender Pay Gap veröffentlichen, die ein Lohngefälle von 15 Prozent zwischen Männern und Frauen aufzeigen.

Unter all den schlechten Nachrichten stechen jedoch vor allem jene hervor, welche die wissenschaftliche Integrität der Hochschule untergraben könnten: Die Rede ist von der Mitverantwortung der Universität im Cambridge-Analytica-Skandal. Das Datenanalyseunternehmen ist kein Institut der Universität, jedoch fällt wiederholt der Name eines ihrer Forscher: Aleksandr Kogan. Der Neurowissenschafter konnte dank einer von ihm entwickelten und auf Facebook eingesetzten App persönliche Daten von 30 Millionen Nutzern akquirieren. Diese Daten verkaufte er an Cambridge Analytica.

In einer Anhörung vor dem US-Senat wies Facebook-Gründer und CEO Mark Zuckerberg nun darauf hin, dass eine weitaus größere Zahl von Cambridge-Forschern an Web-Programmen ähnlich jenem Kogans arbeitet. Nun steht im Raum, dass Facebook die Universität wegen unautorisierten Zugriffs auf und Missbrauchs von Daten klagen könnte. Die Causa berührt die philosophischen Grundlagen von Forschung und universitärem Ethos. An der Universität Cambridge wird mir einmal mehr bewusst, wie weitreichend Universitäten Einfluss nehmen können.

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