: GESCHICHTSWISSENSCHAFT

Grenzen als Instrument der Fremdund Selbstbestimmung

Dem neuen Wunsch nach dichten Grenzen in Europa stellt Andrea Komlosy eine historische Analyse der Grenze entgegen

Werner sturmberger
vom 30.05.2018

Erleben wir gerade eine Renaissance der Grenze, oder war nur die Idee der Grenzenlosigkeit eine Illusion? Diesen Fragen widmet sich die Wiener Historikerin Andrea Komlosy in ihrem neuesten Buch "Grenzen".

Dabei hält sie einleitend fest, dass Befürworter und Gegner von Grenzen sich in einem Punkt gleichen: Beide instrumentalisieren Grenzen in Hinblick auf die eigene Stellung in der Gesellschaft oder einer Vision davon.

Die Autorin begreift Grenzen dagegen als "Instrument zur Ausgestaltung menschlicher Beziehungen". Als moralischen Anspruch knüpft sie die politische Forderung, Fremd-mit Selbstbestimmung durch Grenzen zu ersetzen.

Auf eine begriffsgeschichtliche Einführung folgt eine Betrachtung der Entwicklung räumlicher Ordnung, beginnend mit der Frühzeit der Menschheitsgeschichte. Der folgende Abschnitt widmet sich dabei der Typologie unterschiedlicher Dimensionen von Grenzen, um abschließend Grenzregime und die "Politik der Grenze" zu beleuchten.

Trotz historischer Exkurse bleibt der Bezug zur Gegenwart stets greifbar. Komlosy geht von einer europäischen Perspektive aus, zeigt aber immer wieder, wie untrennbar diese mit der Weltgeschichte verknüpft ist. Dabei wird deutlich, dass die westliche Form von Staatlichkeit keine wertneutrale, gemeinwohlorientierte oder alternativlose Konstruktion darstellt.

Geleitet wird ihre Auseinandersetzung mit Grenzen vom Credo, dass diese nicht nur ein "Thema, sondern auch eine Methode zum Erkennen globaler Ungleichheit" darstellt.

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