Klimaziele
vom 23.10.2019
Umweltpolitik ist ein Thema für die Öko-Nische, mit der sich keine Wahl gewinnen lässt? Das mag einmal gestimmt haben, doch diese Zeiten scheinen vorbei. "It's the Klimawandel, stupid!" Zumindest in Europa, zumindest auf europäischer Ebene.
Laut einer Nachwahlanalyse des EU-Parlaments war der Klimawandel neben der Wirtschaftsentwicklung (das Clintonsche "It's the economy, stupid!" gilt also noch immer) der wichtigste Beweggrund, um bei der Europa-Wahl im Mai seine Stimme abzugeben. In Österreich gingen 49 Prozent für den Klimaschutz wählen, in sieben anderen EU-Ländern noch mehr: In Dänemark und Schweden war der Klimaschutz für 70 bzw. 68 Prozent der Wählenden Hauptmotiv für ihre Abstimmung.
Neben dem allgemein wachsenden Bewusstsein für die Bedeutung des Klimathemas dürfte dabei wohl auch bei vielen Menschen der Gedanke eine Rolle gespielt haben, dass es gerade bei diesem Thema besonders sinnvoll wäre, als EU gemeinsame Maßnahmen zu setzen. Große, konzertierte Schritte statt 28 (bald 27) Einzelbemühungen. Denn bei Einzelbemühungen besteht die Gefahr, sich aus wirtschaftlichen Gründen doch eher zurückzuhalten und erst einmal abzuwarten, was die Nachbarn zu tun gedenken. In Brüssel sieht man das schon länger so: Große Themen gemeinsam regeln, kleine Probleme den Staaten überlassen. Das hat der scheidende EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker seit seinem Amtsantritt im Jahr 2014 unermüdlich gepredigt.
Was ein Anstoß aus Brüssel bewirken kann, hat man in der jüngeren Vergangenheit bei den Plastiksackerln gesehen: Der europäischen Debatte und dem Drängen aus Brüssel auf ein Aus für kostenlose Plastiksackerl folgte mancherorts ein Umdenken bei Politik, Handel und Konsumenten. Österreich hat Ende 2018 sogar eine Novelle beschlossen, die die neuen EU-Richtlinien zum Teil übererfüllt.
Der große Wurf ist bislang ausgeblieben: Das zeigen die aktuellen EU-Klimaziele. Da hat man sich zwar gemeinsam Großes verordnet, die Umsetzung bleibt jedoch jedem Land selbst überlassen. Was die Staaten bislang vorgelegt haben, dürfte bei Weitem nicht reichen, um dem Pariser Klimaabkommen gerecht zu werden.
Vielleicht hilft es für die nächsten Jahre, dass viele Wähler mittlerweile ihre Aufmerksamkeit darauf legen?