Und wie geht's den Bienen?

Dass wir Menschen auf Bienen angewiesen sind, um Nahrungsmittel wie Marillen und Kürbisse genießen zu können, ist allseits bekannt. Umso wichtiger ist es zu wissen, wie es um die Gesundheit der Tierchen angesichts der sich verändernden Umweltbedingungen bestellt ist

TEXT: JASMIN GERSTMAYR
vom 23.10.2019

Robert Brodschneider von der Uni Graz untersucht die Wintersterblichkeit der Honigbienen, also wie viel Prozent von den Völkern es nicht über den Winter schaffen. Er und sein Team befragen jedes Jahr an die 1.500 österreichische Imkereien und erhalten so Rückmeldung über 30.000 Bienenvölker. Die Sterblichkeit der Völker variiert stark und liegt zwischen acht und 28 Prozent pro Winter. "Uns interessiert: Woran liegt es, dass manchmal so viele Bienen sterben?", erklärt Brodschneider.

Die Gründe dafür sind vielfältig, aber nicht restlos geklärt. Ein wesentlicher Faktor ist die Varroamilbe, die in Österreich in jedem Bienenvolk zu finden ist. "Ohne Behandlung stirbt ein befallenes Volk in zwei bis drei Jahren ab", sagt der Grazer Forscher. Die Milbe verlangt den Imkern einiges an Know-how ab, doch ganz los wird man den Parasiten nie. Durch den Klimawandel kommt es zudem zu einer höheren Zahl an Brutzyklen innerhalb eines Volkes. Denn aufgrund der warmen Herbstsaisonen sind auch spät im Jahr noch Nahrungsquellen verfügbar. Dies erleichtert auch die Vermehrung der Varroamilbe, die auf die Brut der Bienen angewiesen ist. Die rasche Veränderung des Klimas stört das sensible Gleichgewicht zwischen der Biene und ihrer Umwelt bzw. möglichen Krankheitserregern.

Das bestätigt auch Michael Rubinigg vom Imkereidachverband "Biene Österreich": "Außerdem verleiten die tendenziell höheren Temperaturen im Frühjahr die Königinnen dazu, früher mit der Eiablage zu beginnen, was ebenso die Verbreitung der Parasiten fördert."

Die Zahl der Bienenvölker insgesamt hat in den letzten zehn Jahren allerdings wieder zugenommen -bedingt durch einen starken Trend zu Imkerei und Hobbybienenhaltung. Mehr als 350.000 Völker wurden 2018 in Österreich gemeldet. Müssen wir uns also um die Honigbiene keine Sorgen machen? "Wir sollten uns um den Imkereisektor Sorgen machen, der sorgt dann schon für die Bienen." Rubinigg plädiert unter anderem dafür, dass an die Agrarwirtschaft gehende Fördermittel auch in den Imkereisektor fließen. "Und wenn man als Privatperson der Honigbiene in Österreich etwas Gutes tun möchte, sollte man am besten zu österreichischen Bienenprodukten greifen, um die hiesige Imkerei zu fördern."

Einen nicht minder wichtigen Beitrag zur Bestäubung von Kultur-und Wildpflanzen leisten die wilden Verwandten der Honigbienen. Mehr als siebenhundert verschiedene Wildbienenarten sind in Österreich beheimatet. Die meisten davon leben solitär, also nicht in einem großen Staat, und brauchen bestimmte landschaftliche Strukturen wie Feldraine oder Totholz, um zu nisten. Solche zu finden wird für die Wildbienen aber immer schwieriger. "Die österreichische Landschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Dadurch wird der für Wildbienen geeignete Lebensraum immer weniger", weiß Bärbel Pachinger von der Universität für Bodenkultur Wien.

Auch das Nektar-und Pollenangebot wird durch den Verlust blütenreicher Flächen immer einseitiger. "Es reicht eben nicht, wenn irgendwo ein Rapsfeld steht, das nur für eine begrenzte Zeit im Jahr blüht", erklärt die Forscherin.

Überdies machen die durch den Klimawandel bedingten wärmeren Temperaturen einigen kälteliebenden Bienenarten zu schaffen, die vor allem im Hochgebirge anzutreffen sind. Auch bestimmte hochinvasive Pflanzen, die nach Österreich eingeschleppt wurden wie die Kanadische Goldrute breiten sich bei wärmeren Temperaturen noch besser aus.

"Die Goldrute überwuchert zum Beispiel renaturierte Flussufer, wodurch den Bienen wiederum Nistplätze fehlen", erklärt Esther Ockermüller vom Biologiezentrum Linz. Ebenso haben der hohe Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft und ihre unsachgemäße Anwendung in Privatgärten negative Auswirkungen auf die Gesundheit sowohl der Wild-als auch der Honigbienen. "Im Endeffekt ist es die Vielfalt der Arten, die als schützenswert gelten sollte", meint die Wildbienenexpertin.

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