Der virtuelle Blick ins Herz
Kristian Bredies entwickelt eine Theorie zur Bildrekonstruktion
vom 13.11.2019
Mediziner können unseren Körper von innen begutachten, ohne ihn aufzuschneiden. Etwa bei einer Magnetresonanz-oder Computertomografie. Warum funktioniert das? "Messdaten selbst sind ja nichts Sichtbares", sagt Kristian Bredies. "Aber mit mathematischen Rekonstruktionsverfahren kann man auf dieser Basis ein Organ abbilden." Sie beruhen auf der Lösung inverser Probleme. Bredies ist Professor für Angewandte Mathematik an der Universität Graz und leitet eine Forschungsgruppe zu inversen Berechnungsmethoden und mathematischer Bildverarbeitung. Das Ziel ist ein immer genauerer Blick in nicht direkt zugängliche Objekte. "Sogar die berühmte Aufnahme des Schwarzen Lochs im Kosmos beruht auf diesen Verfahren."
Dahinter stecken große mathematische Herausforderungen und immer wieder neue Forschungsfragen. "Bei Herzschlägen etwa stößt ein Tomograf auf physikalische Grenzen. Er ist nicht schnell genug, um Einzelbilder der Bewegung in der entsprechenden zeitlichen Auflösung wiederzugeben."
In einem aktuellen Projekt entwickelt Bredies eine mathematische Theorie dafür. Der Ausgangspunkt: "Man rekonstruiert zwar zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedliche Bilder, sie müssen aber natürlich stets dasselbe Herz zeigen, nur halt verschoben, gedreht oder verformt." Um äußerst präzise Bildsequenzen des schlagenden Herzens zu erreichen, verbindet er seine Theorie mit mathematischen Optimierungsmethoden.
"Das Schöne an der Theorie ist ihre Universalität", meint er. "Sie lässt sich zum Beispiel auch in der superaufgelösten Mikroskopie einsetzen, um Bewegungen von Objekten jenseits der eigentlichen Auflösungsgrenzen abzubilden." Seine Liebe zur mathematisch-logischen Schlussfolgerung hat der 41-Jährige einst im "Mathezirkel" seiner Bremer Schule entdeckt. "Mich hat die erklärerische Kraft mathematischer Beweise sofort fasziniert."