Eifersüchtiger Papagei attackiert den Verlobten besitzen Einfühlungsvermögen sowie die Bereitschaft zur Kooperation
Tiere gelten als emotionale Wesen, auch wenn dies nicht unbedingt nachweisbar ist. Laut Raoul Schwing, Ethologe an der VetMedUni, empfinden sie Ängste,
vom 03.06.2020
Herr Schwing, Sie haben in Neuseeland interessante Erfahrungen mit Papageien gemacht
Raoul Schwing: Ich habe die Rufe der Kea Bergpapageien beschrieben. Die bestehende Theorie war, dass Spielrufe ein Spiel als solches erkennen lassen und andere zum Mitspielen einladen. Um dies zu testen, haben wir Spielrufe an wilde Gruppen von Keas zurückgespielt. Auf Basis der beschriebenen Aktionen haben wir erwartet, dass Papageien, die nicht beim Spielen waren, die Quelle dieser Rufe aufsuchen würden. Es ist aber nicht passiert. Doch Tiere, die vorher nie gespielt hatten, begannen oft spontan zu spielen. Dies kam unerwartet, weil ein solches Phänomen zuvor noch nie beobachtet wurde. Es gab ähnliche Effekte nur bei Alarmrufen. Diese sind emotional so ansteckend, dass Mitglieder einer Spezies beim Hören eines Alarmrufes in einen aufgeregten Gemütszustand versetzt werden.
Gibt es Ähnliches auch bei Menschen?
Schwing: Ja, bei Kleinkindern regt grelles Lachen beim Spiel andere Kleinkinder zum Spielen an. Wir konnten zeigen, dass Papageien, eine Spezies, mit der wir seit über 300 Millionen Jahren keinen gemeinsamen Vorfahren mehr teilen, einen Ruf entwickelten, der einen ähnlichen Effekt hat wie das Lachen von Menschen. Ein Indiz dafür, dass wir viel mehr mit Tieren gemeinsam haben, als uns von ihnen unterscheidet.
Können Tiere Liebe empfinden?
Schwing: Romantische Liebe ist auch beim Menschen noch nicht gut erforscht. Aber die Liebe einer Mutter für ihr Kind ist nachweisbar. Wir erkennen hier sogar neurologische Strukturen und Hormone, die mitspielen. Eine solche Liebe animiert etwa das Muttertier, ihr Junges zu beschützen, manchmal auch unter Einsatz des eigenen Lebens. Eifersucht wäre ein Mittel, diesen Bund vor äußerem Einfluss zu beschützen. Eine ehemalige Kollegin hielt einen kleinen Papagei einer Spezies, bei der sich langjährigen Paarbindungen entwickelt haben. Da sie ihn allein hielt, hat er sich so an sie gebunden gefühlt, dass er sogar ihren Verlobten attackierte. Was aber nicht bedeutet, dass er ihn nicht mochte. Wenn er und der Papagei allein waren, benahm sich das Tier äußerst friedlich.
Dass Tiere Gefühle haben, braucht einen neurologischen Nachweis, der oft auch invasiv ist. Inwieweit ist dies für das Tier belastend?
Schwing: Das kommt darauf an, wie invasiv gearbeitet wird. Es gibt Labors, die Hunde in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken, aber in keiner Weise in ihrem Wesen beeinflussen. Tiere können durch gutes Training an diese Situation gewöhnt werden, um an ihnen spontane, emotionale Reaktionen auf Bilder, Töne und Gerüche zu untersuchen. Aber es gab auch hochinvasive Methoden, etwa in den 1960er Jahren, als Tieren Elektroden im Gehirn eingesetzt wurden, um bestimmte neurologische Strukturen zu stimulieren. So konnte Verhalten künstlich reproduziert werden. Man lernte viel über die Gehirnbereiche, allerdings veränderte es das Verhalten der Tiere enorm.
Sie selbst hielten ja Haustiere, darunter auch einen Hund
Schwing: Meinen letzten Hund hatte ich aus dem Tierheim geholt, als ich sozial recht isoliert war. Er wurde dadurch zum wichtigsten sozialen Kontakt in meinem Leben, zum besten Freund. Als er nach bei einem Unfall ums Leben kam, war ich am Boden zerstört. Dass er zu dieser Zeit nicht in meiner Obhut war, hat ein Schuldgefühl in mir hinterlassen -ich dachte, ich hätte ihn im Stich gelassen.