ZEITGESCHICHTE

Arbeiten an einer europäischen Zukunft

Das internationale Jugendprojekt eljub bringt junge Menschen aus ganz Europa zu gemeinsamen Workshops zusammen. Auch im Pandemiejahr

VERONIKA TRUBEL
vom 21.10.2020

eljub ist ein Projekt für europäische Jugendbegegnungen, das einmal im Jahr stattfindet. Dabei kommen Jugendliche aus rund zehn Partnerländern bei eljub-Veranstaltungen in verschiedenen Ländern und wechselnden Konstellationen zusammen. Sie bearbeiten gesellschaftspolitische (Jugend-)Themen und verfassten während einer Sommerwoche in Krems ein E-Book.

2020 war das bisher achte und zweifellos bewegteste Jahr. Im Jänner konnte noch, wie geplant, ein Dialogtreffen zum Thema "Zukunft der Arbeit" in Budapest abgehalten werden, aber alle ab März vorgesehenen Jugendaktivitäten in Bulgarien, Tschechien und Rumänien mussten aufgrund des Corona-Lockdowns absagt werden.

Die größte Veranstaltung kam im August doch noch zustande: die internationale eljub-E-Book-Woche im niederösterreichischen Krems. Auf die Frage, ob die E-Book-Woche heuer gewagt werden soll, kam von allen Länderpartnern die einstimmige Antwort: Ja! Also haben wir es gewagt, Jugendliche aus zwölf europäischen Staaten nach Krems zu holen, wo sie gemeinsam ein E-Book schreiben und einen Film drehen sollten.

Unter den Krisenbedingungen war die Teilnehmerzahl zu reduzieren, das Programm zu ändern und möglichst viel ins Freie zu verlegen. Weniger Jugendliche pro Zimmer, Masken und Corona-Tests für ausnahmslos alle, also auch für sämtliche Beschäftigte im Quartier. Dazu kam tägliches Fiebermessen - und natürlich musste man die jungen Menschen auch immer wieder daran erinnern, Abstand zu halten.

Dennoch war es ein großes Hallo, der Austausch in den Workshops intensiv. Die Jugendlichen berichteten von ihren Gedanken und Erfahrungen mit und aus dem Lockdown und wollten von anderen wissen, wie es bei ihnen war.

Die Frage ,Was lehrt uns der Stillstand?' geriet zu einem der Hauptthemen. Es wurde der Onlineunterricht analysiert, ebenso die Veränderungen im Familienleben durch Corona. Wichtig war ihnen die Frage nach der Solidarität in Europa, nach der Rolle des Journalismus in Covid-Zeiten und nach dem Umgang mit Flüchtlingen. In Kooperation mit der TV-Community Okto drehten einige der Jugendlichen auch einen Film.

Wer nicht in Krems dabei sein konnte, schrieb online mit. Denn einige Länder mussten kurzfristig absagen -die Einreisebedingungen für etwa Albanien, Bulgarien und Rumänien hatten sich so verändert, dass Jugendliche von dort nur über Videokonferenzen teilnehmen konnten.

Daraus entstand die vielleicht prägendste Erfahrung der E-Book-Woche im Corona-Jahr: Es fehlten Menschen. Das war neu und kann als Zeichen der Verbundenheit verstanden werden, fehlt einem doch nur jemand, mit dem man sich verbunden fühlt.

Es war schmerzhaft, beim Abendessen die live übertragenen Filmbeiträge der Jugendlichen aus Albanien oder Rumänien zu sehen und ihnen nur in einer Zoom-Konferenz applaudieren zu können. Die älteren Teilnehmenden dachten wohl: Weder ein Eiserner Vorhang noch ein Kalter Krieg hindert uns am Zusammentreffen. Es ist ein Virus, das wir gemeinsam in Schach halten müssen. Lasst es uns so versuchen, dass wir in einem gemeinsamen Europa Normalität halbwegs aufrechterhalten und Jugendliche quer durch die Länder Bekanntschaften und Freundschaften aufbauen können. Das Jahr 2020 hat neben vielen Beschränkungen gezeigt, wie europäisches Zusammenwachsen aussehen und sich anfühlen kann.

So ist das achte eljub-E-Book mit dem Titel Europa, Corona und wir: Getrennt und doch verbunden mit fast 400 Seiten ungewöhnlich umfangreich. Das liegt zum Teil auch am eljub-Hashtag #bisbaldbeieljub: Hier berichteten Jugendliche aus allen beteiligten Ländern live, wie es ihnen im Lockdown geht, was sie denken und machen -ein zeitgeschichtliches Dokument, das auf der eljub-Website kostenlos als pdf herunterzuladen ist. www.eljub.eu

Veronika Trubel leitet das Projekt eljub Europäische Jugendbegegnungen

Sie waren beim eljub-Treffen in Krems dabei: Jugendliche aus europäischen Ländern

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