INTERNETWIRTSCHAFT

Mit M-Pesa zahlt man bargeldlos

Ein Mobilfunkbetreiber in Kenia ermöglicht via SMS Überweisungen ohne Bankkonto. Das hat durchaus nicht nur Vorteile

SABINE EDITH BRAUN
vom 28.04.2021

"Pesa" ist Swahili, bedeutet "Bargeld" und steht für mobiles Geld, das man über das Handy bezieht. Mit dem 2007 einführten Telefonzeitguthabensystem kann man Rechnungen bezahlen, Waren und Dienstleistungen erwerben und weltweit Geld verschicken. M-Pesa ist bargeldloses Zahlungsmittel ebenso wie Sparform. Man benötigt dafür weder ein Bankkonto noch ein Smartphone.

"Unser 4G-Netz deckt 77 Prozent und unser 3G-Netz 94 Prozent der kenianischen Bevölkerung ab. Unsere Plattformen und Partnerschaften umfassen das kenianische Leben von der Landwirtschaft bis zu Finanzdienstleistungen", heißt es im Jahresbericht 2020 des Mobilfunkers Safaricom.

Studie zur Wirkung von M-Pensa William Jack und Tavneet Suri vom National Bureau of Economic Research in Cambridge/Massachusetts haben 2008 und 2009 Studien zu M-Pensa verfasst. Darin ziehen sie einen Vergleich: Während die Eisenbahn 120 Jahre brauchte, um 80 Prozent der Bevölkerung zu erreichen, das Telefon 100 und das Flugzeug 60, so schafften Internet und Mobiltelefonie in rund zwei Jahrzehnten diese Reichweite.

2008 wurden für die Studie zur Nutzung 3.000 kenianische Haushalte ausgewählt. Eine Follow-up-Studie 2009, bei der zwei Drittel der ursprünglichen 3.000 Haushalte erreicht werden konnten, zeigte einen Zuwachs in der Nutzung von 43 auf 70 Prozent. Was das Haushaltseinkommen betrifft, hatte die Gruppe der M-Pesa-Nutzer*innen höhere Jahresausgaben und Ersparnisse als andere. Allerdings habe sich die Zusammensetzung der Gruppen verändert: So hatte die Nutzer*innen-Gruppe in der zweiten Erhebung niedrigere Durchschnittsausgaben und Ersparnisse als zum Zeitpunkt der ersten Erhebung. "Dies deutet darauf hin, dass die Verwendung von M-Pesa ursprünglich auf die wohlhabendsten Gruppen beschränkt war, nun aber langsam von einem breiteren Anteil der Bevölkerung verwendet wird", erklären Jack und Suri die sozioökonomischen Auswirkungen von M-Pesa. Gemeint sind Landbevölkerung und Personen ohne Bankkonto. Die Befragten selbst nennen zu vierzig Prozent die "einfach zu handhabende Sparmöglichkeit" sowie zu 26 Prozent die "Sicherheit" als Hauptgründe für die Nutzung.

Während M-Pesa sich auf die Verhandlungsstärke von Haushalten (negativ) auswirken bzw. den Anreiz von Personen dämpfen könnte, sich selbst um Arbeit oder Innovationen zu kümmern, könne es auf Frauen einen ermächtigenden Einfluss haben, so Jack und Suri.

Wem nutzt der bargeldlose Verkehr? Unter dem Stichwort "Finanzielle Inklusion" betrieben auch Konzerne wie Microsoft und deren chinesische Pendants einen "Krieg gegen das Bargeld", wie der Wirtschaftswissenschafter Norbert Häring in seinem Buch Schönes Neues Geld (2018) schreibt. Sogar die UN ernannte 2009 eine Sonderbeauftragte für finanzielle Inklusion und Entwicklung: die Ökonomin Máxima van Amsberg, mittlerweile Königin der Niederlande.

Häring übt Kritik an digitalen Bezahldiensten wie M-Pesa, denn eigentlich werden Bargeldzahlungen unattraktiv gemacht, weil Finanzdienstleister an ihnen nichts verdienen. Transaktionen von M-Pesa-zu -Nicht-Nutzer*innen etwa kosten bis zu 44 Prozent.

90 Prozent aller Telefonie-und SMS-Einnahmen sowie 80 Prozent der 28 Millionen Kenianer*innen, die mobile Gelddienste nutzen, seien 2018 auf das Konto von Safaricom gegangen -und damit zum Teil nach Europa. Denn die Konzernmutter von Safaricom ist die britische Vodafone.

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