Wie können wir den Schlaf unseres Babys verbessern, Frau Steindl?

Wenn Babys einfach nicht schlafen, kann das für Eltern herausfordernd sein. Unsere KIWI-Expertin und Schlafcoach Astrid Steindl gibt Erklärungen und Tipps, um die in den langen Nächten besser zu überstehen

Barbara Fuchs
05.04.2023

Foto: Pexels

Kind in Wien: Ab wann ist es für Babys oder Kinder theoretisch möglich, allein einzuschlafen?

Astrid Steindl: Der Übergang vom Wachsein zum hypnagogen Zustand, der Prozess, der uns alle langsam in das Land der Träume begleitet – das Einschlafen – ist nicht immer einfach. Erwachsene, Jugendliche und Kinder tun sich gelegentlich schwer damit.

Babys haben dabei noch die zusätzliche Herausforderung, dass sie ein Innehalten, ein Loslassen und Abwenden, nicht immer aus eigener Kraft gut bewältigen können. Damit brauchen sie Co-Regulations-Unterstützung, um sich zu entspannen bzw. einzuschlafen. Diese Unterstützung wird in den ersten Lebensmonaten noch mehr benötigt. Ein Halten oder Wiegen bzw. ein sanftes Begleiten in den Schlaf brauchen manche Babys mehr als andere.

Ein alleiniges Einschlafen erfordert zunächst die Fähigkeit, sich selbst zu regulieren und sich zu entspannen. Diese Fähigkeit müssen Babys manchmal erst schrittweise erlernen. Ein Krabbeln beginnt mit dem Robben und ein Stehen mit einem langsamen Hochziehen. So kann auch das Einschlafen als ein Entwicklungsprozess gesehen werden. Vor dem alleinigen Einschlafen steht das selbstregulierte Einschlafen. Dies üben Geschwister- oder Zwillingskinder oft schon früh. 

Eltern können vormittags damit beginnen, ihr Baby in seinem Bettchen mit etwas Co-Regulation zum Einschlafen zu bringen. Damit kann es nach und nach die Müdigkeitsspannung vermehrt selbstregulieren. Das heißt, im Beisein der Eltern schläft das Baby mit einer Entspannungshilfe ein. Zuerst beim Vormittagsschlaf und nach ein paar Tagen auch beim abendlichen Einschlafen. Letztendlich können sich die Eltern vermehrt aus dem eigentlichen Einschlafprozess herausnehmen, sodass im ersten Schritt ein selbstreguliertes und später ein alleiniges Einschlafen möglich ist.

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Mag.(FH) Astrid Steindl

Trainerin und MedUni zert. Schlafcoach

KIWI-Expertin

Kind in Wien: Die Einschlafbegleitung meines Kindes dauert ewig, wie kann ich sanfte Strukturen finden, dass sich das ändert?

Steindl: Eine lange Einschlafbegleitung kann sich aus unterschiedlichsten Gründen ergeben. So ist schlafhygienisch gesehen ein gleichbleibender Tages-Rhythmus sehr wichtig (mit dem gleichbleibenden Aufstehen am Morgen, den Tagesschläfchen zur selben Zeit bis hin zu guten regelmäßigen Essenszeiten und altersangepassten Wachzeiten).

Da unser Organismus wie ein feines Uhrwerk funktioniert, ermöglichen diese Taktgeber, die „Müdigkeits-Tore“ besser wahrzunehmen und wirken daher einschlafverkürzend. Ältere Babys sollten die Chance haben, während einer altersangepassten Wachzeit Schlafdruck aufzubauen. Daher gilt ab sechs Monaten, nicht jedes Gähnen ist ein Zeichen dafür, dass ein Einschlafen möglich ist. Wichtig ist daher, dass die Wachzeit vor dem Abendschlaf ausreichend lang ist (2,5 Stunden bis max. drei Stunden). Ab neun Monaten kann dies schon in Richtung drei Stunden bis maximal vier Stunden gehen. Bei Kleinkindern spielt auch die abendliche Anleitung eine wesentliche Rolle.

Zu helles Licht, zu intensive Aktivität vor dem Schlaf und unregelmäßige Essenszeiten können das Einschlafen negativ beeinflussen

Um die Einschlafzeit zu verkürzen, sollte die Lichtexposition des Kindes bereits am frühen Abend reduziert werden. Und ein Teil des Abendrituals sollte in dem Zimmer passieren, in dem das Kind hingelegt wird.

Kind in Wien: Mein Kind will nur von einem bestimmten Elternteil ins Bett gebracht werden, beim anderen verweigert es. Was können wir tun? 

Steindl: Sollte ein Elternteil stark als direkte Einschlafhilfe fungieren, wäre es zunächst wichtig, diese körperbezogene Einschlafassoziation zu lösen. D.h. wenn das Kind selbstreguliert einschlafen kann, kann auch leichter der andere Elternteil übernehmen. 

Daraus ergeben sich zwei Optionen. Jene, dass der vertraute Elternteil selbst Schritt für Schritt die Einschlafassoziation löst oder dass der andere Elternteil mithilft, die Assoziation zu lösen. Dieser verbringt zunächst tagsüber mehr Zeit mit dem Kind und begleitet es später beim Vormittagsschläfchen. Nach ein paar Tagen kann das abendliche Einschlafen ebenfalls übernommen werden, während der eine Elternteil sich für ein paar Stunden eine Auszeit nimmt und z.B. spazieren geht. Ist das Kind beim Einschlafen an den neuen Ablauf gewöhnt, kann damit begonnen werden, die Nacht umzustellen.

Daher könnte man kurz sagen:

  • Der Tagesrhythmus hilft dem selbstregulierten Einschlafen

  • Ein selbstreguliertes Einschlafen ermöglicht ein alleiniges Einschlafen

  • Und alle Drei helfen beim Durchschlafen!

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