Wer radiert, verliert!

Im Gespräch mit Eva Maria Resch, Leiterin und Gründerin von studio Linea - Zeichenstudio für Kinder und Jugendliche

Barbara Fuchs
09.08.2023

Mit den richtigen Stiften und Pinseln arbeiten bereitet Groß und Klein eine Freude (Foto: Studio Linea)

Kind in Wien: Frau Resch, wann haben Sie das Zeichenstudio Linea gegründet?

Eva Maria Resch: Ich habe vor sieben Jahren mein Zeichenstudio eröffnet, weil ich bemerkt habe, dass es einfach keine Anbieter von Zeichenkursen für Kinder und Jugendliche gibt, die wirklich das Handwerk Zeichnen lehren. Spielerisch und kreativ oder mittels Basteln wird das Zeichnen gerne vermittelt, aber die richtige Technik, wie man beispielsweise Schatten oder eine Figur zeichnet, welche Stifte man wo und wie einsetzt, das gab es so bis dato nicht.

Kind in Wien: Haben Sie selbst einen künstlerischen Hintergrund, Frau Resch?

Resch: Ich wurde als Kind gefördert und habe ein Diplom in Textildesign. In den 90er-Jahren wollte ich auf die Akademie der Bildenden Künste gehen, um das Handwerk der Zeichnung und Malerei auf hohem Niveau zu erlernen. Das fand ich damals nicht vor. Also habe ich einfach als Autodidaktin mit der Kunst weitergemacht, im Museum und in Schulen gearbeitet. Bis ich mir irgendwann gedacht habe, auch andere Menschen, vor allem Kinder und Jugendliche, wollen bestimmt lernen, wie man richtig gut mit einem Bleistift oder mit Tusche zeichnet. Oder erfahren, was es überhaupt alles für Zeichentechniken gibt. Weil wie man etwas abzeichnet, wie man Licht und Schatten darstellt, wie man Perspektive oder ein Gesicht zeichnet, das lernt man nirgendwo mehr als Kind und Jugendlicher. Da kam mir die Idee für das Zeichenstudio, das sich jetzt hier mitten in Wien Neubau befindet. Wir legen den Fokus wirklich auf das Handwerk Zeichnen.

Kind in Wien: Wie laufen die Kurse im Studio Linea normalerweise ab?

Resch: Ich biete im Studio die unterschiedlichsten Kurse an. Die Grundkurse sind circa vier bis zehn Einheiten lang und bestehen aus acht Kindern. Alle Teilnehmer:innen bekommen eine eigene Zeichenmappe. Meistens starten wir mit Bleistiftzeichnung und mit dem Schattieren. So zeichnen wir zum Beispiel eine 3D-Banane. Kinder und Jugendliche lieben es, Dinge realistisch abzubilden. Wir wollen natürlich nicht fotorealistisch zeichnen, aber so, dass die Banane echt aussieht, inklusive der Schatten. Das hat auch viel mit Sehen zu tun. Denn Zeichnen heißt auch zu sehen, wo der Schatten hinfällt. Wenn man das nämlich nicht sieht, kann man es auch nicht zeichnen. Das heißt, zu Beginn schauen wir mit den Kindern erstmal: Wo ist es hell, wo ist es dunkel? Danach kann man beginnen, den Schatten zu zeichnen. Zum Beispiel mit einem Papierwischer, der den Bleistift verwischt, der kommt immer super bei den Teilnehmer:innen an. Am Anfang machen wir zusätzlich oft Radiergummi Entzug. Die Kinder sollen dadurch in das Skizzieren reinkommen, das Drüberzeichnen und sich trauen, etwas mit dem Stift zu korrigieren. Nicht immer akkurat und genau zu sein, wie beispielsweise in der Schule beim Schreibenlernen.

Die Motorik üben wir ebenfalls, also wie man den Stift richtig hält und bewegt. Außerdem arbeiten wir nur mit echten und sehr hochwertigen Materialien. Im Studio gibt es keine Kinderstifte oder Kinderpinsel. Die taugen nichts. Das vermiest einem gleich das Arbeiten. Wir verwenden auch nur richtig gutes Papier. Das macht sehr viel aus.

Das Modezeichnen wird im Studio Linea ebenfalls unterrichtet (Foto: Studio Linea)

Kind in Wien: Für wen sind denn die Kurse altersmäßig geeignet, Frau Resch?

Resch: Wir fangen mit den 6- bis 7-Jährigen an, unsere Kurse gehen bis zum 18. Lebensjahr. Bei uns unterrichten Comiczeichner:innen, Künstler:innen, Grafiker:innen, Architekt:innen oder Designer:innen. Die zeigen dann den Kindern einfach, wie sie arbeiten, also beispielsweise, wie sie ein Logo gestalten. Oft ist die bekannte Mangazeichnerin Melanie Schober zu Gast, die tolle Kurse hält. Wir sind alle keine Pädagog:innen. Die Idee ist es einfach, junge Leute mit coolen Künstler:innen zusammenzubringen, die dann Einblicke in ihre Arbeit geben. Es gibt nichts Besseres, als Menschen zuzuschauen, die etwas gut können. Weil ich gemerkt habe, dass 7-Jährige genauso wissen wollen, wie man ein Gesicht zeichnet, wie ein 14-Jähriger.

Im Studio kommt auch nirgends das Wort „spielerisch“ vor. Junge Menschen wollen ebenfalls genau verstehen, wie das Zeichnen geht. Kinder mögen es, dass wir normal mit ihnen reden, auf Augenhöhe. Das muss auch nicht viel anders erklärt werden als in Kursen für Erwachsene. Ich suche immer Menschen, die im Studio Linea Kurse geben. Außerdem wollen wir die Kinder begleiten. Ich habe Kids, die bereits mit 9 Jahren bei uns Kurse besucht haben und jetzt 14 Jahre alt sind. Natürlich lasse ich mir auch immer neue Sachen einfallen, zum Beispiel hatten wir vor kurzem einen Kurs „Zeichnen am iPad“.

Kind in Wien: Was für spezielle Kurse werden außerdem im Studio Linea noch angeboten?

Resch: Am Wochenende gibt es oft Spezial-Workshops wie Gesichter zeichnen, der Kopf in Drehung, Modezeichnen, Comic oder Manga. Wir bieten aber auch Kurse für Zeichentechniken an, zum Beispiel, wie man richtig mit Tusche oder Buntstiften zeichnet. Es werden ja auch immer wieder neue Sachen entwickelt – ganz aktuell unter anderem Acrylstifte, wasserlösliche Marker und neue Bleistifte. Die glänzen übrigens nicht mehr so, damit man seine Zeichnungen besser für Instagram fotografieren kann. Dazu bieten wir selbstverständlich passende neue Kurse an. Auch Urban Sketching ist momentan total en vogue. Da ist man einfach mit dem Skizzenbuch draußen unterwegs und zeichnet drauf los. Mit den Kursteilnehmer:innen gehen wir auch sehr gerne raus, zum Beispiel ins Naturhistorische Museum. Da kann man gut sitzen und die Tiere zeichnen. Großer Bonus: Sie bewegen sich nicht!

Kind in Wien: Frau Resch, haben Sie auch ein Programm in den Ferien?

Resch: Wir bieten auch Kurse in den Ferien an, wie zu Ostern, in den Herbstferien und im Sommer. Da kommen dann die Kinder entweder am Vormittag oder Nachmittag für 2 1/2 Stunden, also kein „echtes“ Camp. Wir bieten immer eine Woche zu einem bestimmten Thema an. Diesen Sommer planen wir unter anderem Figuren- und Comiczeichnen, Manga, Urban Sketching und eine Kostümzeichnerin wird uns ebenfalls besuchen.


Dieses Interview stammt aus der aktuellen Ausgabe des Stadtführers „Kind in Wien“, erhältlich im faltershop und in Ihrer Buchhandlung.

Studio Linea, 1070 Wien, Westbahnstrasse 3/7
T: 0699/199 083 23, www.studiolinea.at

Eine Übersicht des aktuellen Ferienprogramms sowie den Herbstkursen finden Sie hier.

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