Filmkritik

Mord im Orient-Express

Murder on the Orient Express

Nach Agatha Christie. Grand Hotel auf Schiene gebracht, Mord inklusive. Ganz klar: ein Fall für Hercule Poirot, gespielt von Albert Finney! "Optisch brillante, heiter-parodistische Unterhaltung mit Hollywood-Touch und internationaler Star-Besetzung" (Filmdienst).

Regie:
Regie:
Sidney Lumet
Darsteller:
Darsteller:
Albert Finney, Lauren Bacall, Martin Balsam, Ingrid Bergman, Sean Connery, Jacqueline Bisset, John Gielgud, Wendy Hiller, Richard Widmark, Vanessa Redgrave, Anthony Perkins, Michael York
Land/Jahr:
Land/Jahr:
GB 1974
Dauer:
Dauer:
131 min
Altersfreigabe:
Altersfreigabe:
ab 12
Festival:
Festival:
Sidney Lumet

Das Wort zum Mord, klug im Zug: Schas mit Stars

Drehli Robnik | 08.11.2017

Hätte eine Gaudi sein können: Agatha Christies "Mord im Orient-Express", mit Allzweck-Diva Kenneth Branagh als Regisseur und als Detektiv Hercule Poirot. Zutaten stellen sich von selbst ein: Scharfsinn am Werk, Genuss im Sinn, perfider Plan, Starensemble auf engem Raum - alles pfeift und läuft auf Schiene. Doch wie bei einem Christie-Krimi ist das Resultat anders als erwartet.

Molk Sidney Lumets kanonische Erstverfilmung 1974 das Marottenkapital ihres All-Star-Casts mit Glamrock-haftem Spaß an Weitwinkelfratzen, Milchfilteroptik und Düsternisoptionen des Settings, so geht es nun bemüht zu. Einige der Big Names unter den tatverdächtigen Mitreisenden sind keine (Josh Gad anstelle des 1974er Anthony Perkins).(Wer ist Anthony Perkins?) Oder sie bleiben an der Leine (Judi Dench und Penelope Cruz, deren Part damals Ingrid Bergman gab).(Wer ist ...? Ja, eh.) Oder sie geigen auf wie Branagh, Michelle Pfeiffer und Ungustl Johnny Depp, tragen den Film aber nicht.

Statt Glam gilt Pimp my Trainride. Die Kamera protzt: viele Fahrten in viel Gegend, davon jede zweite verhaut; Vogelschauszenen bringen nix außer den Argwohn, aus Terminnot sei statt des Stars nur ein Lichtdouble im Bild. Action ist überflüssig, aber gegeben; Dekor schwelgt im Luxusbegaffen wie Kreuzfahrtreklame (prompt wird "Tod auf dem Nil" angekündigt). Am übelsten ist der Eifer, mit dem hier "Themen" reingepackt sind: Das Gerede über Ethnizität und Rassismus ist nicht reflektiert, sondern liberaler Krampf. Und Poirots Verzicht auf Rechtsprechung lässt die Plot-Pointe (sie ist ... bekannt) nicht als Selbstjustiz stehen, sondern mauert mit Monologen übers Ethos des heilenden Herzens, dass du glaubst, der Volksgerichtshof der Herzen tagt schon, noch ehe die Heilsregierung angelobt ist.

Ab Fr in den Kinos (OF im Haydn und Village)

Dieser Film bei Video on demand

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