Teile und täusche: "Monsieur Pierre geht online"
Sabina Zeithammer
| 09.08.2017
Während für die Kinder des 21. Jahrhunderts gerade der animierte Sondermüll "Emoji: Der Film" in den Kinos läuft, nimmt sich der französische Regisseur und Drehbuchautor Stéphane Robelin in "Monsieur Pierre geht online" der digitalen Welt aus Sicht der Großelterngeneration an.
Pierre, ein einsamer Witwer um die 80, wird auf Initiative seiner Tochter Sylvie vom erfolglosen Schriftsteller Alex in den Gebrauch des Internets eingeführt. Eine Datingplattform haucht dem alten Herrn neue Jugend ein, und schon tauscht er romantische Nachrichten mit der jungen Flora aus. Mit der Wahrheit nimmt er es dabei allerdings nicht so genau, glaubt Flora sich doch im Zwiegespräch mit einem 30-Jährigen, dessen Profilbild zufällig mit jenem Testfoto von Alex übereinstimmt, das Pierre auf seinem Computer gefunden hat.
Es folgt eine lose, auf Edmond Rostands "Cyrano de Bergerac" beruhende Liebes-und Verwechslungskomödie, als Pierre Alex bittet, für ihn zum ersten Rendezvous zu gehen.
Zugutezuhalten ist Robelin, dass das Motiv des Teilens, sozusagen die Quintessenz der digitalen Welt, auf durchaus ambivalente Weise in den analogen Figurenkonstellationen widergespiegelt wird: Jeder nimmt hier - auf freiwilliger oder unfreiwilliger Basis -am Privatleben des anderen teil. Dies hat gute und schlechte Seiten: Einerseits geraten die zwei passiven Protagonisten in Bewegung, indem sie sich die Identität eines Verliebten teilen. Dass sie die Frauen in ihrer Umgebung -allen voran die allzu prinzessinnenhafte Flora -dabei rücksichtslos hintergehen und täuschen, macht dem Film andererseits wenig Kummer. Zum Schluss fügt sich das Schicksal der schachfigurenartigen Charaktere in konservative Bahnen - und wieder ist nix mit der Liebe zu dritt.
Ab Fr im Kino (OmU im Votiv und Top)