Pflanzen machen glücklich! Ganz besonders Little Joe, eine genmanipulierte Pflanzenart, die eigens zu diesem Zweck gezüchtet wurde. Biologin Alice bemerkt im Zusammenhang mit dem Gewächs jedoch eher bedenkliche Auswirkungen in ihrem Umfeld: Ihr Sohn kehrt sich zunehmend von ihr ab. Welche Rolle spielt Little Joe dabei? In ihrem ersten englischsprachigen Werk bewegt sich Hausner zwischen Psychothriller, Science-Fiction und Horror, gespickt mit tiefschwarzem Humor. [ORF, bis 4.7.]
Unheimlich bunt: Jessica Hausners "Little Joe"
DREHLI ROBNIK
| 30.10.2019
Jessica Hausners britisch-österreichischer Thriller "Little Joe" titelt nach einer von ihrem Zuchtpersonal so getauften Blume. Die Happy Plant löst Glücksgefühle aus mit ihrem Duft, der Film sanfte Unheimlichkeit mit seinen Mad-Scientist-und Bodysnatch-Motiven. Einer Genetikerin (Emily Beecham, Schauspielpreis in Cannes) wird ihr Sohn fremd: Bewirkt das die als steril designte Blume? Wird deren Reproduktionsdrang interspeziell übergriffig?
Little Joes Sterilität pflanzt sich in keimfreien Räumen fort. "Plant" heißt auch Anlage, Betrieb: Happy Plant zur Zucht von Happy People. Ist das Blumenmenschenverschwörung oder nur Motivationstalk, der Teamgeist implantiert? Die Bildführung schmiegt sich der Überwachungsvideoanlage im Labor an: langsam bewegen, alles sehen.
Hausner behandelt stets Glücksmaschinerien, die Fragen von Gefühlsechtheit ebenso miterzeugen wie Peinlichkeit in Verhaltensroutinen (mit Anflug von Schmäh: etwa wenn in "Little Joe" Witzbolde uns und die Heldin pflanzen, indem sie so tun, als wären sie nicht sie selbst): Sie beobachtet bürgerliche Inbrunsttechniken in "Amour Fou", Heilsinstitutionen und getanzte Felicità in "Lourdes", Spuksymptome im alpinen "Hotel". Aus letzterem Geisterfilm weht ein Sirrton in "Little Joes" Beet herüber; Flöten-und Trommelmusik versprüht fernen Flair. Im Geschehen ist ein Mehr als dieses selbst angelegt - durch Sound, Bildführung und Kolorit. Belehnten Hausners frühe Filme sinnig Robert Bresson und "Suspiria", so kreuzt ihr Labor nun David Cronenberg mit der Buntheit designten Lebens bei Jacques Tati. Gediegen krass: Ganz lapidar geht Leben im Programm auf, dazu bellt es aus dem Off, und Farben beißen sich. Oranges Kabel auf rotem Kübel! Und erst die Kombi türkis und grün!
Ab 31.10. in den Kinos (OmU im Votiv)