Bier ist jetzt der neue Wein? Muss nicht sein!
Klaus Nüchtern
| 28.08.2019
Das ist Brettanomyces-Hefe", merkt die Frau an und hält eine massive Plastikflasche jauchefarbenenen Inhalts in die Höhe. Eine handgestoppte halbe Minute lang verharrt auch die Kamera auf dem Gefäß mit dem wenig appetitlich aussehenden Inhalt. So viel davon kämen auf 100 Hektoliter. Dem Insert zufolge befinden wir uns gerade im belgischen Orval. Wer googelt, erfährt, dass dort das berühmte Trapistenbier gleichen Namens herkommt. Wer dasselbe mit dem Begriff "Brettanomyces" macht, wird auf einer Webpage über Craft Beer dahingehend informiert, dass diese Hefe dafür verantwortlich ist, "wenn ein Bier nach Pferdedecke, Bauernhof oder Ziegenbock riecht".
Dergleichen erfährt man in "Bier! Der beste Film, der je gebraut wurde", der neuen Arbeit von Friedrich Moser, nicht. Der alberne Titel lässt an ballermannmäßigen Hangover-Humor denken, tatsächlich handelt es sich aber um eine Doku, die das Publikum und den Braumeister der Craft-Beer-Brauerei Bierol aus Schwoich (Tirol) nach Deutschland, Italien, Belgien und Brooklyn führt. Die Bärte der Brauer und der basslastige Pop-Soundtrack signalisieren Hipness und auch in den etwas selbstbesoffenen Statements ist viel die Rede von individueller Verwirklichung, Kunstanspruch oder davon, dass man "unsere Werte trinken" wolle.
Als zehnminütiger Auftakt zu einer Brauereiführung ließe man sich diese recht willkürliche Abfolge von Bildern, die sich zu keinem Narrativ fügen und viele Fragen offen lassen, gefallen, auf 90 Minuten gestreckt, wird's öd. "Schmeckt schal", meint ein Barbesucher in der Eröffnungsszene. "Das gehört so", antwortet der Brauer am Zapfhahn. "Ich weiß", gibt sich der Kunde kennerisch. Wem die Manierismen des Craft-Beer-Booms schon auf den Wecker gehen, wird sich nach diesem Film erst recht nach Dosenbier sehnen.
Ab Fr im Kino