Filmkritik

Der Gesang der Flusskrebse

Where the Crawdads Sing

© Sony

Foto: Sony


Eine junge Frau namens Kya, die Ende der 1960er allein im Marschland von North Carolina lebt, wird des Mordes an einem jungen Mann beschuldigt. Süßlich geratene Verfilmung des gleichnamigen Bestsellerromans von Delia Owens, die kurioser Weise kürzlich auch selbst in Ermittlungen geriet, die auf einen Mordfall (ín Sambia 1995) zurückgehen.

Regie:
Regie:
Olivia Newman
Darsteller:
Darsteller:
Daisy Edgar-Jones, Taylor John Smith, Harris Dickinson, David Strathairn, Michael Hyatt
Land/Jahr:
Land/Jahr:
USA 2022
Genre:
Genre:
Drama, Mystery
Dauer:
Dauer:
127 min
Altersfreigabe:
Altersfreigabe:
Keine Angabe
Kinostart:
Kinostart:
19. August 2022

Süßliche Abgründe: "Der Gesang der Flusskrebse"

SABINA ZEITHAMMER | 17.08.2022

Der Steuerknüppel des Motorboots liegt bereits den Kindern wie selbstverständlich in der Hand: Aufgewachsen inmitten von Marschland, sind sie es gewohnt, durch die Wasserarme zu brausen. Doch in den Sümpfen von North Carolina haust auch die Gewalt.

Kya ist noch im Volksschulalter, als ihre Mutter und ihre Geschwister vor dem prügelnden Vater fliehen. Schließlich bleibt auch dieser fort. Kya schlägt sich allein durch, gemieden von den Einwohnern des nahen Städtchens, die sie, Anfang der 1960er-Jahre zur jungen Frau herangereift, nur das "Marschmädchen" nennen. Als ein Toter im Sumpf gefunden wird, wird Kya des Mordes bezichtigt und angeklagt.

"Der Gesang der Flusskrebse" von Olivia Newman ist die Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Delia Owens (2018). Wäre dieser Genremix -Thriller, Robinsonade, Gerichtsfilm, Coming-of-Age-Story und Beziehungsdrama - realistisch erzählt, wäre er eine hochgradig bedrückende Geschichte über Außenseitertum, häusliche und soziale Gewalt. Doch liegt über allem eine süßliche Romantisierung: Eigentlich müsste man Kya ständig nur beim Waschen und Putzen sehen, um das pittoreske Häuschen und den lieblichen Blümchenkleider-Look zu rechtfertigen, in dem die Amateurbiologin durch die Marsch wandert.

Rückblenden sollen Spannung evozieren. Nach einem schleppenden Beginn entwickelt der Film tatsächlich eine packende Bedrohlichkeit, bevor er in ein doppelköpfiges Ende hetzt. Dieses kollidiert einmal mehr mit der vorangegangenen Verklärung, die einem Kya als Figur kaum nahekommen ließ.

Am deutlichsten bleibt von diesem Werk mit Hang zum B-Movie, an dem sich die Meinungen von Kritik und Publikum scheiden, ein umso realistischerer, gruseliger Aspekt in Erinnerung: Delia Owens, die als Zoologin und selbsternannte Tierschützerin lang in Sambia gelebt hat, wird vorgeworfen, selbst in einen Mord verwickelt zu sein, der sich literarisch niedergeschlagen habe. Für Spoiler-Resistente nachzulesen im Atlantic und der Süddeutschen Zeitung.

Ab Fr in den Kinos (OF im Artis, OmU im Votiv)

Dieser Film bei Video on demand

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