The Five Devils

Gesellschaftsdrama im Märchenwald: "The Five Devils" von Léa Mysius

Am Fuße der "fünf Teufel", einer fiktiven Bergkette in den französischen Alpen, harrt ein Dorf in eisiger Kälte aus. Der See hat konstant sieben Grad, die Luft ist blau vom Dunst und die Sonne verschwindet schon kurz nach Mittag wieder hinter den schneebedeckten Bergen. Hier lebt die achtjährige Vicky und trägt ein Geheimnis mit sich herum: Sie besitzt einen außergewöhnlichen Geruchssinn. Vicky riecht im Wald an einem Bockerl und weiß, welches Tier daran genagt hat und welcher Mensch vorbeigegangen ist. Wichtige Gerüche bewahrt sie in Einmachgläsern auf - etwa die unterschiedlichen Düfte ihrer geliebten Mutter.

"The Five Devils" ist der zweite Spielfilm von Léa Mysius, die zuvor als Drehbuchautorin für Claire Denis gearbeitet hat. An Denis' scharfkantiger Darstellung europäischer Alltagsrealitäten orientiert Léa Mysius nun auch ihr folkloristisches Filmmärchen. So ist Vicky die Tochter einer französischen Mutter und eines senegalesischen Vaters. Jimmy, der Vater, versucht, sich als Feuerwehrmann in die Dorfgemeinschaft zu integrieren. Joanne, die Mutter, ist nicht nur von ihrem Job als Schwimmlehrerin, sondern auch in ihrer Beziehung zu Jimmy gelangweilt. Dass die Tochter von den Klassenkameraden -wegen ihrer afrikanischen Haartracht -"Klobürste" gerufen wird, bekommen Jimmy und Joanne nicht mit. So ist es die Welt der Erwachsenen, die kalt und grau ist. Der Kamerablick bleibt ständig in Bewegung, ist rastlos und unzufrieden.

Eines Tags steht Jimmys Schwester Julia vor der Tür. Sie war im Gefängnis und riecht nach Alkohol. Auch diesen Geruch steckt Vicky ins Einmachglas. Und dort entfaltet er seine Proust'sche Wirkung: sobald Vicky daran riecht, wird sie in die Vergangenheit transportiert. Und zwar ganz real, in die Jugend ihrer Mutter -die damals eine Liebesbeziehung mit Julia hatte.

Regisseurin Mysius gelingt es in "The Five Devils" Phantastischen Realismus mit gesellschaftspolitischem Drama zu verbinden. In ihrer Erzählung von verpassten Chancen und fatalen Lebensentscheidungen bleibt dennoch genug Raum, um an kleine Wunder zu glauben.