Imbisse Lokalkritik

Leitenbauer

© Heribert Corn

Foto: Heribert Corn


Delikatessenladen und Feinkostimbiss, der sich der Ehrerbietung gegenüber der Wurst verpflichtet hat. Leberkäse von Hannes Hönegger aus dem Lungau, Prosciutto und Culatello (ein entbeinter, 30 Monate in der Schweinsblase gereifter Prosciutto) aus Bayern, getrüffelte Käsekrainer aus Hernals. Prosecco vom Fass, Grätzelvinothek.

Adresse:
Adresse:
Neubaugasse 71
1070 Wien
Telefon:
Telefon:
0660/353 70 62
E-Mail:
E-Mail:
georg@leitenbauer.wien
Website:
Website:
leitenbauer.wien
Öffnungszeiten:
Öffnungszeiten:
Mo–Fr 10–19, Sa 10–14 derzeit geschlossen
Preiskategorie:
Preiskategorie:
€€€ (Hauptspeisen € 15-25)
Lokaltyp:
Lokaltyp:
Imbisse
Sonstiges:
Sonstiges:
Essen zum Mitnehmen

Ihr Aufschnitt, bitte

Georg Leitenbauer ist Kulturvermittler. Wurstkulturvermittler

Schwer, die berühmteste Wurst der Welt zu ermitteln. Aber dass das Frankfurter Würstel (zu Weltruhm gelangt unter der Bezeichnung „Wiener Würstchen“) auf dem Podest zu liegen käme, ist unumstritten.

Besagtes Würstel wurde 1805 von Johann Georg Lahner erfunden, einem aus Franken eingewanderten Fleischhauer, der in der Neustiftgasse 111 die klassische Frankfurter Rezeptur (nur Schweinefleisch) mit Rindfleisch ergänzte, essenziell für den kernigen Biss.

Die Geschichtsforschung hat die Sache ein bisschen verschlafen, muss man sagen, Belege sind kaum vorhanden, irgendwo soll es angeblich eine Gedenktafel geben, auf Nummer 111 jedenfalls nicht. Eigentlich peinlich.

Zwei Gassen weiter, in der Neubaugasse, gab es seit 2012 ein etwas obskures Delikatessen-Sammelsurium namens G’schäft, Marketing-Mann Georg Leitenbauer ging dort immer wieder auf ein Achterl Wein.

Während der Lockdowns erkrankte der G’schäft-Betreiber schwer, was Leitenbauer dazu bewog, gemeinsam mit einer anderen Stammkundin einzuspringen, um dem Mann eine Einkommensgrundlage zu sichern. Der Gesundete ging aber in Pension und Leitenbauer dachte sich, „keine Bullshit-Jobs mehr, ich mach das jetzt“.

Er entrümpelte die denkmalgeschützten Wiener-Werkstätten-Auslagen, entfernte die Zwischendecke, vor allem aber ging er auf die Suche nach Produkten, die der Bezeichnung „Wurstkultur“ würdig sind: Leberkäse von Hannes Hönegger aus dem Lungau, Prosciutto und Culatello (ein entbeinter, 30 Monate in der Schweinsblase gereifter Prosciutto) aus Bayern, wahnsinnig gut.

Dann getrüffelte Käsekrainer aus Hernals, eine blassrosa Mortadella ohne Nitritpökelsalz aus Oberösterreich, Weltmeister-Blutwurst und Salsicce vom Dormayer aus Langenzersdorf, Gin-Salami vom bemerkenswerten Demeter-Projekt der Brauerei Stiegl im oberösterreichischen Wildshut, woher auch das offene Bier stammt.

Außerdem eine Kabanossi, die noch genau so mürb und wunderbar ist, wie Kabanossis früher waren und heute, fein gewolft, nicht mehr sind; die Leitenbauer malerisch in der Auslage trocknen lässt und die Spitzenkoch Gerd Sievers angeblich im Burgenland eigenhändig herstellt. Dieser Gerd Sievers bezog von einer Urahnin Lahners übrigens auch das Originalrezept des Frankfurter Würstels, die Fleischerei Windisch in Wiener Neustadt stellt sie her.

Und beim Leitenbauer kann man sie essen. Oder sich einfach was vom guten Zeug aufschneiden lassen, je nach Appetit um 14, 25 oder 36 Euro. Dazu ein schönes Glas Wein aus der Vinothek oder ein Glas Prosecco aus dem Fass. Auf Lahner!

Resümee:

Ein kleiner Delikatessenladen, der Ehrerbietung gegenüber der Wurst verpflichtet. Nur einen Sprung vom Geburtshaus der weltberühmten „Wiener Würstchen“ entfernt.



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