Cafés, Espressos Lokalkritik

Vollpension Generationencafé

© Vollpension

Foto: Vollpension

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Selbstständiges Sozialgastronomieprojekt. 20 ältere Damen und Herren backen Kuchen und Torten nach alten Familienrezepten. Tägl. bis 16 liebevoll zubereitetes Frühstück wie bei Oma, z.B. veganes "Erbschleicher Frühstück" für 2 Pers. Bezahlt wird nach Paketen, die für eine bestimmte Zeitspanne gültig sind (z.B. kleines Frühstücks-Paket für 60 Min.). Schanigarten für 110 Pers.

Adresse:
Adresse:
Schleifmühlgasse 16
1040 Wien
E-Mail:
E-Mail:
info@vollpension.wien
Website:
Website:
www.vollpension.wien
instagram.com/vollpension_wien
facebook.com/vollpension.wien
Öffnungszeiten:
Öffnungszeiten:
Mo–Do, So, Fei 8–20, Fr, Sa 8–22 jetzt geöffnet (bis 22:00 Uhr)
Zahlungsmöglichkeiten:
Zahlungsmöglichkeiten:
Barzahlung, Kartenzahlung
Lokaltyp:
Lokaltyp:
Cafés, Espressos
Sonstiges:
Sonstiges:
Essen am Sonntag, Frühstück, Gastgarten

Oma zeigt’s euch

Das kulinarische Sozial-Pop-up „Vollpension“ wurde jetzt zum echten Lokal

FLORIAN HOLZER | 9.6.2015

Charlotte ist 75 Jahre alt, lernte Weißnäherin, arbeitete als Zimmermädchen im Sacher, im Imperial und im Palais Schwarzenberg, wurde dann Haushälterin bei einem emeritierten Professor und merkte danach, dass ihre Pension kaum zum Leben reichte.

Susanne ist 55, hatte einen Gemüsestand am Yppenmarkt, heiratete dann nach Mauerbach und hat zwei Hobbys: Tennis und Backen.

Jede der Biografien der 15 Damen, die im neuen Lokalprojekt Vollpension sowohl als Köchinnen, Entertainerinnen als auch Nutznießerinnen fungieren, ist einzigartig. Gemeinsam sind ihnen zwei Dinge: Sie können einerseits backen – Charlotte nur zwei verschiedene Kuchen, Susanne unzählige – und andererseits über ihr Leben erzählen. Womit das Konzept von „Vollpension“ auch schon grob umrissen wäre.

Begonnen hat das alles vor drei Jahren anlässlich der Vienna Design Week, bei der es auch Raum für „Social Design“-Projekte gab und die beiden Gebrüder-Stitch-Macher Mike Lanner und Moriz Piffl-Percevic also die Idee eines Kaffee-und-Kuchen-Pop-ups, bei dem alleinstehende, von Armut bedrohte ältere Frauen beschäftigt werden, einreichten. Das war sehr erfolgreich, man poppte fünf Mal up, gab Gastspiele beim Forum Alpbach, tourte bis in die Schweiz, wo Charlottes beide Kuchen jedes Mal auf große Begeisterung stießen, erzählt sie.

Vorige Woche wurde draus jedenfalls ein wirkliches Lokal. Das ehemalige Crossover wurde mit alten Möbeln von Flohmärkten, Caritas-Beständen und mitunter sogar Besitztümern der Omas angeräumt, bekam neue Klos und – wenn schon, denn schon – Barrierefreiheit. Und außerdem eine große, offene Küche mit vier schwenkbaren, neonbeleuchteten Backrohren, in der tagsüber immer eine der Omas Kuchen bäckt. Die Komplexität des ganzen Projekts zu schildern – angefangen vom Generationendialog über die Vermeidung von Einsamkeit und Altersarmut bis hin zum Bewusstmachen der Schwierigkeiten, wenn Pensionisten etwas dazuverdienen wollen, und schließlich dem Bewahren von Rezepte-Wissen –, würde den hier zur Verfügung stehenden Rahmen sprengen. Nicht zuletzt deshalb, weil das hier eine Beislkritik ist. Also: Es gibt einen Küchenchef, Paolo Grando, zuvor in Liebling und Schadekgasse, der mit allen 15 Omas deren Rezepte ausarbeitet. Und weil man nicht immer nur Kuchen will, kochen die Omas abwechselnd auch typische Oma-Gerichte: Szegediner Gulasch, Rindsrouladen oder tadellose geröstete Knödel mit Ei und Salat (€ 8,90), die Paolo Grando und sein Küchenteam dann ein Monat lang nachkochen. Fast wie beim Hangar 7 in Salzburg, nur halt mit Omas statt mit internationalen Koch-Gurus.

Charlotte fällt demnächst übrigens wegen einer Knieoperation aus, Zora kommt aber dafür sogar aus Bratislava zum Backen her. Ihre Honigcremeschnitte ist ziemlich der Wahnsinn.

Resümee:

Sozialprojekte sind machbar, Herr Nachbar. Und dieses hier, mit den 15 fröhlichen backenden Omas, funktioniert auch ganz ohne Betroffenheit.



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