Es lebe das Gemeindebau-Theater! - FALTER.maily #1196
Gestern war ich im Rabenhof Theater auf einer Party. Die Bühne in Erdbergs schönstem Gemeindebau ist einer der lebendigsten Kulturbetriebe ...
Wir kommen von Peter Handke nicht los. Anfang Oktober wurde dem Schriftsteller der Nobelpreis für Literatur zugesprochen, morgen wird er seine Rede, die Nobel-Vorlesung, halten.
Gestern stellte er sich bei einer Pressekonferenz in Stockholm den Fragen der Journalisten. Im Fall von Handke muss es heißen: Er stellte sich den Fragen der Journalisten entgegen. Er beantwortete sie gar nicht oder mit Gegenfragen. Dann erzählte er von einem Brief, den er bekommen hatte. Der Verfasser hatte ihn auf Klopapier geschrieben. "Ich bevorzuge Toilettenpapier, einen anonymen Brief mit Klopapier, gegenüber Ihren leeren und ignoranten Fragen", sagte Handke.
Diese Fragen betrafen Handkes Äußerungen zu den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien. Sie werden ihm seit Jahren gestellt. Wie er seine Nähe zum 2006 verstorbenen serbischen Machthaber Slobodan Milošević oder seine relativierenden Äußerungen zum Massaker von Srebrenica erklärt. Handke verweigert die Antworten darauf, beschimpft die Fragenden oder schmeißt sie, wenn er kann, gleich raus. Wie vor kurzem den APA-Kulturchef Wolfgang Huber-Lang.
Handke hat sich mit seiner Positionierung zum serbischen Nationalismus selbst in die Öffentlichkeit befördert. Diese ist kein luftleerer Raum zur freien Gestaltung. Eine kritische Öffentlichkeit stellt Fragen.
Da wären noch ein paar: Handke sprach im zitierten APA-Interview und gestern in Stockholm von einer Geste der Versöhnung. Er wollte sich, sagte er, mit zwei Müttern treffen, einer Bosniakin und einer Serbin, die beide ihre Söhne im Krieg verloren haben. Das sei, habe man ihm gesagt, aber nicht möglich. Erste Frage: Wer soll sich hier mit wem versöhnen? Zweitens: Welche Rolle spielt Peter Handke?
Handke hat noch nie etwas zur Versöhnung im ehemaligen Jugoslawien beigetragen. Er hat sich auf die Seite der Menschen gestellt, die den größten Teil der Verantwortung für die Kriege tragen. Warum hat er das getan? Diese Frage wird ihm nicht erspart bleiben.
Ihre Stefanie Panzenböck
Feuilleton-Chef Matthias Dusini schreibt im aktuellen Falter über das Spannungsfeld von Kunst und Moral, Kunst und Leben.
Die Reportage über den Besuch bei Peter Handke von APA-Kulturchef Wolfgang Huber-Lang können Sie hier nachlesen
Der Schweizer Journalist und Literaturkritiker Andreas Breitenstein analysiert in der NZZ, "wie der Dichter Peter Handke in die Falle der grossserbischen Ideologie tappt und keinen Ausweg mehr fand."
Live-Stream der Nobel-Lectures: Handke hält seine Rede heute um 17:30
Neu im Falter Radio, unserem Podcast: Der Journalismus und der Terror. Falter-Chefredakteur Florian Klenk spricht mit dem Terrorismusexperten Peter Neumann (London) über den IS, die Identitären, Donald Trump und die Rolle der Medien. Die Folge können Sie wie immer in Ihrer Podcast-App auf dem Smartphone oder bei uns auf falter.at/radio anhören.