Die Angst vor dem Schulausflug - FALTER.maily #1108
"Ich habe mich so gefreut, als die Stadt bekanntgegeben hat, ab Herbst bekommen auch Schülerinnen und Schüler in unserer Schule ein ...
wenn Sie diese Zeilen lesen, frühstücke ich im ÖBB-NIghtjet an einem kleinen Resopaltischerl. Nein, ich reise nicht mit dem neuen Zug nach Brüssel, sondern nach Berlin.
11 Stunden und 38 Minuten sollte die Schneckenkutsche für die rund 700 Kilometer laut Fahrplan brauchen, das entschleunigt, dachte ich. Ich wollte Greta-style reisen.
Nun schreibe ich Ihnen diese Zeilen aber gestresst um vier Uhr früh, denn der Zug hat schon jetzt zwei Stunden Verspätung aufgerissen und steht fortwährend am Abstellgleis. Den Termin bei einem Internet-Start-up, für den ich so mühsam und vergleichsweise teuer nach Deutschland reise, werde ich versäumen.
Ich wollte nur einmal ausprobieren, wie sich das anfühlt, wenn man zum doppelten Preis (159 Euro) über Bohumin, Chalupki, Raciborz und Rzepin von Wien in die deutsche Metropole zuckelt statt zu fliegen. In China würde man für die gleiche Strecke wohl nur zwei, drei Stunden brauchen, aber dafür haben die Chinesen halt keine Demokratie.
Um die Zukunft der Bahn geht es auch in unserer Politik-Aufmachergeschichte. Die schwarz-grüne Regierung schenkt uns ja mit dem 1-2-3 Ticket (3 Euro pro Tag für alle Öffis in ganz Österreich) ein großes Mobilitätsversprechen. Doch kann es die Regierung einlösen? Ist die Bahn stark genug, die Massen zu transportieren? Und vor allem: werden Menschen in der Peripherie auf Öffis umsteigen, dort wo keine schicken Nightjets verkehren, sondern leere Postbusse im Fünfstundentakt? An welchen Ländern könnte sich Österreich orientieren? Eva Konzett hat mit den besten Verkehrsexperten des Landes gesprochen.
Die dieswöchige Titelgeschichte kommt aus dem Feuilleton und liegt uns besonders am Herzen. Am 27. Januar 1945, vor 75 Jahren, wurde das KZ Auschwitz von der Roten Armee befreit. Im Falter widmen wir uns deshalb einer ganz besonderen Frau: Helga Pollak-Kinsky, eine der letzten noch lebenden österreichischen Auschwitz-Überlebenden. Unsere Autorin Sara Schausberger hat die Zeitzeugin in einem ausführlichen Gespräch über ihre Kindheit in Wien, die Deportation ins KZ und das Leben danach befragt.
Nicht nur das Überleben war Thema des Interviews, sondern vor allem auch das Café Palmhof auf der Mariahilferstraße, jenen vergessenen und einst populären Wiener Treffpunkt, der von Pollak-Kinskys Vater Otto und dessen Bruder betrieben wurde. Das Café wurde erst in den 50er Jahren restituiert. Eine heute eröffnete Ausstellung im Jüdischen Museum erzählt nicht nur die Geschichte des Palmhof, sondern auch die unbekannte Familiengeschichte der Pollaks. Schauen Sie sich das an.
Eine schöne Falter-Woche wünscht
Ihr Florian Klenk
Update: Wie wir eine Stunde nach Versenden dieses Mailys erfahren haben, kam in Polen ein Mensch am Gleis ums Leben. Nicht das überlastete Schienennetz war verantwortlich für die Verspätung, sondern ein menschliches Drama. Wie schnell sich ein kleiner Ärger über zwei versäumte Stunden relativiert.
Vielleicht ist es Ihnen aufgefallen: unsere Seite „Zahlen, bitte!“ gibt es nicht mehr. Der Chef der Statistik Austria, Konrad Pesendorfer, wurde in seinem Amt nicht verlängert und ist vor drei Wochen nach Riad übersiedelt. Er arbeitet nun für das saudische Herrscherhaus, das gerade in die Schlagzeilen gerät, weil der Kronprinz persönlich das Handy von Amazon-Chef Jeff Bezos geknackt haben soll. Bezos gehört ja die Washington Post, deren Kolumnist Jamal Khashoggi von saudischen Staatskillern in Istanbul in Säure aufgelöst worden war. Warum macht Pesendorfer den Job für so ein brutales Könighaus? In seinem ersten Interview erzählt der Volkswirt von seinen Beweggründen.
"Wohnhaus der Gemeinde Wien, errichtet in den Jahren 2018-2019" steht auf der freundlich hellblauen Fassade des Barbara-Prammer-Hofs in Oberlaa. Der erste "Gemeindebau neu", eröffnet Ende vorigen Jahres. Was kann der Bau aus architektonischer Hinsicht? Kollege Maik Novotny hat ihn sich angesehen.
Georg Renner ist einer der präzisesten Politikjournalisten Österreichs. Der Kleine Zeitung-Redakteur pendelt vom Mostviertel nach Wien. Er erklärt uns, was von den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich am Sonntag zu erwarten ist.