Es lebe das Gemeindebau-Theater! - FALTER.maily #1196
Gestern war ich im Rabenhof Theater auf einer Party. Die Bühne in Erdbergs schönstem Gemeindebau ist einer der lebendigsten Kulturbetriebe ...
„Dankbarkeit ist keine politische Kategorie.“ Das Bruno Kreisky zugeschriebene Bonmot wird viel zitiert und für selbstverständlich genommen. Warum eigentlich? Weil Politik „kein Ponyhof“ oder „kein Mädchenpensionat“ sei und man angesichts der „milieubedingten Härte“, die dort herrscht, nun eben nicht zimperlich sein dürfe? Mir sind solche Imperative und Appelle an Nehmerqualitäten suspekt; nicht nur, weil sie meist von jenen ausgegeben werden, die selbst ziemlich empfindlich reagieren, wenn sie einstecken müssen, sondern auch weil Hannah Arendt in der Redensart „Wo gehobelt wird, fallen Späne“ die Wurzeln von Terror und Totalitarismus ausgemacht hat.
Wenn Politik – um gleich bei der Holzbearbeitung zu bleiben – „das beharrliche Bohren dicker Bretter“ darstellt, wie der deutsche Soziologe Max Weber einmal meinte, dann hat sich Johanna Dohnal (1939–2010) ein paar besonders breite Bohlen auserkoren. Dass ihr die Filmregisseurin Sabine Derflinger nun das Porträt „Die Dohnal“ gewidmet hat, ist wohl schon auch als Akt der – gleichsam posthum nachgetragenen – Dankbarkeit zu verstehen. (Stefanie Panzenböck und Michael Omasta haben Derflinger interviewt, das Gespräch lesen Sie in der nächsten Falter-Ausgabe, digital also heute ab 17 Uhr!)
Der Film ist nicht zuletzt der zahlreichen historischen Dokumente wegen sehenswert, die man zu sehen kriegt. Eines davon stellt einen Ausschnitt aus einer der legendären, zigarettenschwadenvernebelten TV-Diskussionssendungen „Club 2“ dar, in der Dohnal vom Kronenzeitungs-Kolumnisten Richard „Staberl“ Nimmerrichter auf grausliche Weise heruntergeputzt wird. Diese Sekunden, die die Kamera auf das Gesicht der Beflegelten verharrt und die den Schmerz der Kränkung und den Kampf um Contenance festhalten, sind wohl die peinigendsten Momente des Films und fühlen sich an wie eine halbe Ewigkeit. An anderer Stelle erzählt Dohnals Frau, Annemarie Aufreiter, wie dieser manche Konfrontationen dermaßen zugesetzt hätten, dass sie sich zuhause buchstäblich auskotzen musste.
Johanna Dohnal hatte aber nicht nur mit den quasi „natürlichen“ Gegnern à la Staberl, sie hatte auch mit dem Widerstand der eigenen Genossen und mit jenem der autonomen Frauenbewegung zu rechnen, für deren Vertreterinnen Dohnal zwar stets ein offenes Ohr und eine offene Bürotür hatte, die aber dieser auch ein gerüttelt Maß an Misstrauen entgegenbrachten. Sie fühlten sich vereinnahmt, warfen der „Staatsfeministin“ vor, die „Ziele der herrschenden Sozialfaschisten in allen politischen Lagern“ zu verfolgen und forderten Anfang der 1990er-Jahre per Flugblatt, Dohnal möge „sich samt ihrem Ministerium“ auflösen. Dankbarkeit ist keine politische Kategorie.
Erquickliche Lese-, Seh- und Hörerfahrungen wünscht
Ihr Klaus Nüchtern
Wer mehr über das nicht ganz friktionsfreie Verhältnis von SPÖ und autonomer Frauenbewegung wissen möchte, findet in dem vom Frauenkollektiv RitClique 2018 herausgegebenen Sammelband „Zündende Funken. Wiener Feministinnen der 70er Jahre“ ein entsprechendes Kapitel
Wer sich für die Geschichte der österreichischen Frauenbewegung und eine ihrer Pionierinnen – wenn man so will: die Dohnal der Jahrhundertwende – interessiert, der/die sei darauf hingewiesen, dass meine ehemalige Kollegin Sibylle Hamann erst unlängst Adelheid Popps Erinnerungen „Jugend einer Arbeiterin“ herausgegeben hat – eine Besprechung dieses autobiografischen Klassikers finden Sie hier.
Den Kampf englischer Frauen ums Wahlrecht zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist der Film „Sufragette“ (2015) gewidmet. Michael Omasta hat seinerzeit ein Interview mit Regisseurin Sarah Gavron geführt. Und Stefanie Panzenböck hat sich eingängig mit der Geschichte der Suffragetten-Bewegung auseinandergesetzt.
Die Grande Dame des zeitgenössischen Jazz, Carla Bley, 83, hat gemeinsam mit ihrem Mann, dem Bassisten Steve Swallow und dem Saxofonisten Andy Sheppard wieder ein Trio-Album eingespielt, das Mitte Februar erscheinen wird. Das Titelstück von „Life Goes On“ kann man aber bereits hier anhören.
Die Behauptung, dass es sich um einen „abgespeckten“ Blues handle, ist eine glatte Untertreibung – der ist bis auf die Knochen abgenagt. Berühmt wurde Bley mit ihrem ebenso enigmatischen wie grandiosen Konzeptalbum „Escalator Over The Hill“, das sie 1971 als 25-Jährige mit Musikern wie Gato Barbieri, Jack Bruce, Don Cherry, John McLaughlin oder Linda Ronstadt einspielte und das unlängst sogar einen prominenten Auftritt in einer plot-mäßig in extraterrestrische Sphären der Gagaheit vordringenden Folge der Krimi-Serie „Blind ermittelt“ hatte.
Ein ausführliches Interview, das ich 2016 mit Carla Bley in Hamburg führen durfte, finden Sie hier.
Auf das Maily #128 von Florian Klenk haben wir sehr viele Mails von Ihnen mit Reaktionen bekommen. Einen Auszug wollen wir hier zeigen:
"Danke, dass Sie sich diesen Gang vor Gericht angetan haben / antun! Ein Hoch auf Ihre Beschwerde und darauf, dass Sie sich nicht stillschweigend verglichen haben! Es kann wirklich nicht sein, dass ein Journalist so etwas verbreitet und die Justiz nichts einzuwenden hat. In welchem Staat leben wir?" - Claudia Uhlir
"ich wünsche ihnen gute nerven und eine „dicke haut“. unerhört das vorgehen der jeanées dieser welt. für den 'kampf um die demokratie' (lesenswerter titel v. arno gruen), den sie für uns alle fechten, haben sie meine bewunderung und allen respekt. er geht sicher trotz emotionaler sicherheitsweste oft genug an die nieren." - Doris Cech
"Danke, dass Du Dich diesem Stress aussetzt; das sieht nach einer wichtigen Klärung aus. Nur von der Idee, auch Krone-Chef Klaus Hermann anzuklagen, würde ich fast abraten. Damit würde die berechtigte Attacke gegen Jeannée abgeschwächt." - Dr. Frank Höpfel
"auch ich war bass erstaunt über diese erstgerichtliche entscheidung und wünsche ihnen alles gute für das weitere verfahren. es muss juristisch durchgefochten werden, dass diffamierung, rufmord und übler nachrede als 'journalismus' verbrämt einhalt geboten wird." - Mag. Friedrich Schmied
"Wir haben fassungslos diese Anwürfe verfolgt, ebenso fassungslos das Urteil bewertet. In jedem Fall sei Ihnen für Ihr Engagement herzlich gedankt. Sie ziehen das durch und es wird damit schwieriger, diesen entsetzlichen Dreck so ohne rote Linie zu veröffentlichen. Die Gerichtserkenntnisse werden ein kleiner Meilenstein sein." - Ulrike Stroemsnes-Siller