Blaue Kassen, schwarze Fürsten

Florian Klenk
Versendet am 26.02.2020

vergangene Woche wurde dem Standard und dem Falter ein Polizeibericht zugespielt. Er stammt von Ministerialrat Anton H., einem Ermittler des Bundeskriminalamts, und wurde am 7. Jänner für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft verfasst.

Die Bedeutung des Berichts, über den der Standard als erstes Medium berichtete, wurde vergangene Woche völlig unterbelichtet. Denn das Dokument weist nach, dass die FPÖ ein Netzwerk an Vereinen eingerichtet hat, die ingesamt mehr als 1,2 Millionen Euro eingesammelt haben. Einskommazweimillionen.

Das Geld stammt von Waffenfirmen, Glücksspielunternehmen und Immobilienfirmen. Wie Chats von Strache und Gudenus nachweisen, haben der ehemalige Vizekanzler und der ehemalige blaue Klubobmann aktiv Gelder eingetrieben. Firmen, Unternehmen, Konzerne und Milliardäre haben sich durch die Spenden offenbar einen privilegierten Zugang zu einer Regierungspartei erhofft.

Offiziell wird dieses Netzwerk an blauen Kassen natürlich anders gerechtfertigt. Die Firmen hätten an blaue "Think-Tanks" gespendet oder den "Sicherheitsdiskurs" fördern wollen. Ein Zeuge sagte gar aus, die Vereine sollten "österreichische Traditionen" pflegen oder Personen unterstützen, "denen es schlecht geht".

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die nun bekannt gewordenen Vereine nur die Spitze des Eisbergs sein könnten. Sie prüft nun, ob Spender Vorteile von FPÖ-Regierungsmitgliedern erhalten haben. Das ist der Grund, warum auch der Abgeordnete Norbert Hofer, im Nebenberuf FPÖ-Obmann, ausgeliefert werden soll. Er soll, so der von ihm bestrittene Verdacht, in seiner Zeit als Verkehrsminister öffentliche Posten an einen Spender vergeben haben. Einen von mir verfassten genauen Überblick über diese Parteispendenaffäre lesen Sie hier.

Spannend ist in diesem Zusammenhang übrigens auch der Umstand, dass zwei Konzerne besonders viel Geld gespendet haben. Erstens: die Novomatic, ein Glücksspielunternehmen, das laut Strache "an alle drei" (ein Zitat aus dem Ibiza-Video) Parteien zahlt. Der Konzern überwies 240.000 Euro an ein blaues Sicherheitsinstitut. Ich habe die Methoden der Novomatic vor Jahren hier porträtiert.

Aber auch die Dynastie der Turnauers gerät wieder ins Blickfeld. Die Unternehmer Alexandra Vossoughi- Turnauer, Daria-Maria Arco Zinneberg, Katharina Turnauer und Max Turnauer haben über zwei Vermögens-und Immobilienverwaltungsfirmen (die Industrieliegenschaftsverwaltung AG und die ILAG Vermögenverwaltung GmH) an blaue Vereine insgesamt 475.000 Euro gespendet. Die Frage ist: wo war die Leistung der Vereine? Sie bleibt wohl ebenso ungeklärt wie die erste Turnauer-Parteispenden-Affäre, über die wir schon vor 16 Jahren berichteten. Damals soll ein junger FPÖ-Klubdirektor rund fünf Millionen Schilling in einem Sackerl zu einem Parteianwalt der FPÖ gebracht haben. Der Klubdirektor und der Parteianwalt hatten später die gleiche Karriere eingeschlagen: Josef Moser und Dieter Böhmdorfer wurden Justizminister der Republik Österreich.

Ihr Florian Klenk


Worauf Wir Achten

Ein Besuch im Justizpalast. Wieso werden Korruptionsverfahren eigentlich oft so in die Länge gezogen? Manager kennen die Antwort: "Management by Capacity". Indem einer Abteilung möglichst wenig Personal zugeteilt wird, lässt man die dort zu erledigenden Aufgaben verkümmern. Genau das passierte in den letzten zwanzig Jahren in jener Abteilung, die den Fall Eurofighter zu bearbeiten hatte. Was sagt der zuständige Chef der Oberstaatsanwaltschaft wien dazu? Wir haben ihn besucht und befragt.


Worüber Wir Reden

Vor einem Wiener Untersuchungsgremium. Wer von Skandalen geschüttelt wird, der lenkt ab. Die FPÖ und eine Wiener Boulevardzeitung wollen den Falter in einen vermeintlichen Förderskandal rund um den gemeinnützigen Wiener Community-Sender Okto hineinziehen. Doch der Falter hat mit Okto nichts zu tun. Armin Thurnher war bis vor kurzem nur ehrenamtlich im Vorstand des Senders. Er hat keinen Cent dafür bezogen. Der Gemeinderat lud ihn am Montag als Auskunftsperson bei einem Wiener Untersuchungsgremium. Seine Erklärung dazu lesen sie hier.


Worüber Wir Reden Sollten

Prölls Stiftung. Weil wir schon von Vereinen und Spenden sprechen: Im Falter drehen wir ja gerne das Licht auf, wenn öffentliche Gelder in die privaten Sphären von Politikern wandern. Kurz bevor Erwin Pröll seinen Abschied als niederösterreichischer Landeshauptmann erklärte, wurde mir von einem Landesbeamten ein streng geheimes Konvolut an Dokumenten übergeben - die Regierungsakten zur Erwin-Pröll-Privatstiftung. Jahr für Jahr genehmigte das Land Niederösterreich einer vom damaligen Landeshauptmann eingerichteten privaten Stiftung jährlich 150.000 Euro. Heimlich. Niemand sollte davon wissen.

300.000 Euro landeten tatsächlich auf den privaten Stiftungskonten, für den Rest des Geldes gab es einen entsprechenden Regierungsbeschluss (den die SPÖ mitgetragen hatte). Als ich bei Pröll nachfragte, was mit dem Geld geschehen ist, verleumdete mich die niederösterreichische ÖVP als "Fake-News"-Journalisten. Dafür zahlten die Partei und ihr Geschäftsführer eine Spende von 15.000 Euro.

Nun tritt Erwin Pröll im Ruhestand noch einmal nach. In seiner Biografie unterstellt er mir, Teil einer "sattsam bekannten Journalistengruppe" zu sein. Man habe ihm nun "zugetragen", dass sich diese Gruppe "im Vorfeld der Kampagne in einer Privatwohnung in Wien getroffen hat, um eine akkordierte Vorgangsweise zur Skandalisierung auf breiter Ebene abzusprechen". Pröll verbreitet hier eine reine Erfindung. Schon vor Jahren versuchte er mit solchen Vorwürfen ORF-Anchorman Armin Wolf unter Druck zu setzen. Der zornige Landesvater hätte lieber den Bericht des niederösterreichischen Landesrechnungshofes zu seiner Stiftung verbreiten und sich bei den Steuerzahlern entschuldigen sollen.


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