Ein Tag mit Lehrerinnen und Lehrern - FALTER.maily #1052
Ich möchte Ihnen gerne ein bisschen über meinen gestrigen Tag erzählen. Ich besuchte in Salzburg eine Veranstaltung eines Vereins ...
wie lange hält eine Millionenstadt eigentlich einen Lockdown aus? Wann kracht eine Metropole? In zwei bis drei Wochen sagt Peter Hacker, der Wiener Gesundheitsstadtrat. In einem ungewöhnlich offenen einstündigen Gespräch, das Eva Konzett und ich vergangene Woche mit dem SPÖ-Politiker in seinem weitläufigen und mit Krisenstab-Mitarbeitern vollgepackten Büro geführt haben warnt der für die Spitäler verantwortliche Stadtmanager vor zwei Dingen. Erstens: dass wir alle glauben, Corona sei ein Zombi-Virus, der uns kollektiv dahinraffen werde. Dem sei nicht so. Die Masse werde Corona ohne Schäden überleben. Und zweitens: dass man die Ausbreitung des Virus verhindern und nach Ostern die Auferstehung feiern könne. Kann man nicht, sagt Hacker. Nach Ostern werde der Höhepunkt der Epidemie ausbrechen, viele Menschen werden sterben. Man könne die Ausbreitung verlangsamen und damit das Gesundheitssystem schützen, aber die Wienerinnen und Wiener werden ein anderes Gesundheitssystem vorfinden, eines das sich auf Corona konzentriert. (Wir veröffentlichen das Gespräch auch als Podcast - auf falter.at/radio oder in Ihrer Podcast-App!)
Mit anderen Worten: die gewohnt gute Wiener Versorgung wird für einige Zeit schlechter werden. Es werden Menschen an diesem "Naturereignis" leiden, wie Hacker Corona nennt. Langsam müsse man aber auch andere Strategien der Bekämpfung andenken, weil sonst der Kollateralschaden nicht mehr zu sanieren sein wird, mit unabsehbaren Folgen für Wien, für Österreich und für Europa.
Was also ist zu tun? Das recherchierte Kurt Langbein, einer der besten Medizinjournalisten des Landes (er verlegte den Weltbestseller Bittere Pillen). Er hat sich durch unzählige Studien gewühlt, mit den besten Experten gesprochen und ergründet, warum in Italien der Horror ausgebrochen ist. Viel zu spät hat man dort erkannt, dass sich der Virus vor allem in den Spitälern ausbreitete und dort vor allem ältere und schwache Menschen dahinraffte. Fast die Hälfte der Infizierten hat sich im Krankenhaus angesteckt.
Was also muss geschehen? Testen, Tracken, Isolieren von Infizierten. Also das Gegenteil dessen, was in Ischgl Anfang März passierte. Warum dem so ist, das hat unser Autor Johann Skocek hier recherchiert.
Soweit die Prognosen. Dürfen wir ihnen trauen? Christoph Hofinger vom Sora Institut, der Hochrechner der Nation, hat dazu eine spannende Analyse verfasst. Sie können sie hier lesen.
Ihr Florian Klenk
Nicht nur die Politik und der Niedergang der Wirtschaft beschäftigen uns diese Woche im Falter. Sondern auch die Kulturschaffenden dieses Landes. Wochen-, wenn nicht monatelang wird es keine Theateraufführungen, keine Konzerte, keine Lesungen und keine Ausstellungen geben. Das stellt unsere Programmredaktion vor große Fragen. Sollen wir unsere "Falter:Woche" einfach einstellen und einen viel dünneren Falter drucken?
Viele Stimmen von Kulturschaffenden würden im Falter verstummen und unsere freien Autoren hätten keine Arbeit mehr. Wir haben uns für einen besseren Weg entschieden, wir produzieren auch die kommenden Wochen die Falter:Woche. Aber Sie bekommen diesmal nicht nur die Termine geliefert, sondern Sonderhefte, in denen wir mit Österreichs Künstlerinnen und Künstlern im Gespräch bleiben. Mein ganz besonderer Dank gilt Lisa Kiss und ihrem Team, die letzte Woche unter Einsatz der letzten Reserven das erste Sonderheft via Home Office konzipiert und mit einem breiten Stab an Autorinnen und Autoren umgesetzt hat. Stefanie Panzenböck vom Falter-Feuilleton hat das Heft nicht nur mit einem Interview mit Burg-Chef Martin Kušej bereichert, sondern auch schon in der Vorwoche gemeinsam mit Matthias Dusini einen Überblick über die Notlage der Kulturschaffenden verfasst.
Auf falter.at/events finden Sie alle Online-Events, die die Programmredaktion gesammelt hat - damit Sie sich auch zuhause mit Kunst und Kultur beschäftigen können. Schauen Sie mal rein, es sind da richtige Highlights gesammelt.
Nicht nur die Kulturschaffenden erleben derzeit Existenzängste, Sorge müssen wir auch um den unabhängigen Journalismus haben. Wie Craig Silverman ausführt, wird die Corona-Krise auch die Medien empfindlich treffen. Was ist der Wert von kritischem Journalismus in Ausnahmezeiten? Dürfen Medien den nationalen Schulterschluss mit lästigen Fragen stören? Unser Podcast-Chef Raimund Löw und ich haben uns darüber hier ausführlich unterhalten. Ich freue mich über Ihr Feedback. Schreiben Sie uns - oder noch besser: abonnieren Sie uns.
Ich persönlich glaube ja, dass wir jetzt eine menschliche Eigenschaft ganz besonders pflegen müssen: den Humor, die Satire und den bissigen Spott. Und da kam uns vom Falter eine Idee. Kollege Lukas Matzinger sammelte die letzten Wochen viele, viele Tweets, in denen Mütter, Jogger, spielende Kinder oder Jugendliche bei der Polizei vernadertet werden. Manche posteten gar Fotos von Menschen, die sich ein paar Minuten Sonne im Freien gönnten.
Ja, wir müssen Abstand halten, social distancing ist das Gebot der Stunde, aber auch von einer Vernaderermentalität sollten wir uns fernhalten, auch wenn alle angeblich nur das Beste wollen. Daher haben wir eine kleine spöttische Intervention gewagt. Wir haben die Tweets dem berühmten Puppenspieler und Kunstpfeifer Nikolaus Habjan geschickt, er hat Berti Blockwardt hervorgeholt und eine gemeine Satire daraus gemacht. Folge 1 von "Berti Blockwardt passt auf: Beobachtungen aus der Kwarantäne" sehen Sie hier, die gestern veröffentlichte Folge 2 hier!