Grönemeyer hat auch keinen Plan - FALTER.maily #1048
Morgen erscheint "Das ist los", Herbert Grönemeyers 16. Album. Ich freue mich immer, wenn der deutsche Sänger Neues ...
sind Sie auch so erschöpft? Wir schreiben Tag 13 unter den "Corona-Massnahmen", und jeder von uns spürt am eigenen Leib, was es wirklich heisst, dass die Corona-Krise die Ungleichheiten unserer Gesellschaft wie unter einem Brennglas sichtbar macht.
Jene etwa, die jetzt den Großteil der unbezahlten "Care"-Arbeit übernehmen. Es sind vor allem Frauen, die sich jetzt um Haushalt und Angehörige kümmern und nebenbei ihre Kinder zu unterrichten versuchen. Emanzipierte Lebensmodelle brechen binnen Tagen zusammen, stattdessen finden sich Frauen - und mit ihnen ihre Männer - in längst überholt geglaubten Rollenmodellen wieder. Beamt uns Corona zurück in die 1950er Jahre? fragte ich unlängst in meinem Falter-Blog Weitergedacht. Ich bekam viele Mails, in denen mir Frauen erzählten, wie unerträglich die Lage für sie und ihre Familien ist.
Frauen haben derzeit keine starke Stimme. Die Krisenstäbe sind von Männern dominiert, das Krisen-Trio der Regierung ist überhaupt rein männlich. Wenn der feministische Blick schon in Krisenzeiten fehlt, wie sehr werden wir ihn erst vermissen, wenn es um das "Wiederhochfahren" unserer Gesellschaft nach Ostern (hoffentlich) geht?
"Wir müssen sehr, sehr wachsam bleiben", hat mir Karl Schwarzenberg am Freitag gesagt, als er mich aus Prag anrief. Schwarzenberg, 82, ehemaliger tschechischer Außenminister, erinnert das, was wir jetzt erleben, an das Jahr 1913. "Jetzt ist der Abschied von der liberalen Zeit. Wir gewöhnen uns an diese Umstände so rasend schnell. Wehe, wenn auch bei uns Regierungen diesen Moment ausnutzen, so wie es in Ungarn gerade passiert."
Namasté,
Ihre Barbara Tóth
Vermutlich hat sie Matthias Horx "Re-Gnose" auch erreicht, die romantische Vision einer besseren Post-Corona-Welt des "Zukunftsforschers" wurde vielfach in den sozialen Medien publiziert und geteilt. Die Soziologin Laura Wiesböck hat im FalterThinkTank, unserem Forum junger kritischer Intelligenz, einen sehr lesenswerten Aufruf verfasst, warum wir jetzt lieber konkrete politische Forderungen stellen sollten, als in Phantasiewelten zu schwelgen. Etwa nach gerechten Löhnen für die nun vielgelobten und vielzitierten "Systemerhalterinnen".
Bleiben Schulen auch nach Ostern "geschlossen", also ohne Unterricht, offen nur für jene, die keine andere Betreuungsmöglichkeit haben? Derzeit lässt das Bildungsministerium verschiedene Varianten prüfen, auch jene TU-Forscher um Niki Popper, die für die Regierung die Corona-Virus-Szenarien erstellen, haben Prognosen mit und ohne Schulschließungen erstellt. Hier erklärt Popper im Podcasts "Erklär mit Die Welt" die Hintergründe, welche Rolle die "Stopp-Corona"-App dabei spielen könnte, ist auch Thema im aktuellen Falter-Podcast.
Falls Sie Sonntagnachmittag nicht Spazierengehen wollen (ja, das dürfen Sie, mit Ihren Liebsten und im Abstand zu allen anderen, lassen Sie sich nicht verunsichern), können wie uns um 14 Uhr im virtuellen "Cafe Brandstätter" treffen. Dort diskutiere ich mit Falter-Kolumnistin Doris Knecht (Schriftstellerin), Hayo Molcho (Köchin & Gastronomin), Barbara Prainsack (Politologin), Markus Braun (Unternehmer) und Franz Welser-Möst (Dirigent) über ein großes Thema: Zuversicht in Zeiten von Corona. Wo finden wir sie? Welche Bücher, Künste, Initiativen schenken sie uns? Und sie setzen wir sie gesellschaftspolitisch um?
Das erste Café Brandstätter fand vor einer Woche statt, zu Gast waren Adele Neuhauser (Schauspielerin), Ingrid Brodnig (Netz-Expertin), Corinna Milborn (Puls4-Chefredakteurin und Buchautorin), Matthias Strolz (Ex-Neos-Chef) und Tarek Leitner (ORF-Anchor und Buchautor). Nachzusehen hier!