Es fährt ein Zug nach Nirgendwo

Eva Konzett
Versendet am 28.04.2020

am Donnerstag, den 23. April um 7:01 verschickt die österreichische Regierung über den Verteiler OTS eine frohe Botschaft mit dem Titel „Sonderzüge für Pflegekräfte aus Rumänien auf Schiene“. Ab Mai sollen solche Züge fahren. Es ist eine simple Aussage, doch ihre Wirkung ist groß. Rund 25.000 rumänische Pflegerinnen dürfen hoffen: Auf der einen Seite die Erschöpften in Österreich, dass sie nach wochenlangem Einsatz ausreisen, auf der anderen Seite die in Rumänien Wartenden, dass sie an ihren Arbeitsplatz kommen und wieder Geld verdienen können. Insgesamt alle, deren Alltag an den Pflegerinnen hängt: Die Gepflegten, die Angehörigen, das Gesundheitsministerium, dem sonst ein Kollaps des Pflegesystems drohen würde.

Einen Tag später, 550 Kilometer vom Ballhausplatz in Wien entfernt, besucht der rumänische Transportminister Lucian Bode Timișoara, jene rumänische Stadt, von der aus der Zug laut österreichischen Angaben starten wird. Nur, so sagt der Minister pandemiebedingt in Mundschutz und violetten Gummihandschuhen, er habe von den österreichischen Plänen noch nie etwas gehört. In Rumänien herrscht wegen der Covid-19 Krise der Notstand, strenge Ausgangssperren inklusive. Der internationale Personenverkehr ist ausgesetzt. Für den Zug braucht es ein Regierungsabkommen.

Die Europaministerin Edtstadler zeigt sich darob erstaunt. Man habe die Zusage des Innenministeriums, wonach Betreuerinnen ausreisen dürfen. Die ÖBB und die rumänische Staatsbahn CFR seien seit Wochen in Verhandlungen über den Sonderzug. Außerdem flögen ja auch Saisonkräfte mit dem Flugzeug weg.

Wie wahr: Charterflüge sind explizit aus dem Flugverbot in der rumänischen Notverordnung ausgenommen. Der Gesetzestext beinhaltet darüber hinaus ein striktes Ausreiseverbot für medizinisches Personal. Mediziner und diplomierte Krankenpfleger müssen im Land bleiben, die 24-Stunden-Betreuerinnen, die keine formale medizinische Ausbildung haben, gehören nicht dazu. Das hat das rumänische Innenministerium gegenüber der österreichischen Regierung klar gestellt. Die Rumänen sprachen von der Theorie. Von einer Praxis mit Sonderzug sprachen sie nicht.

Am Montag dann hat Karoline Edtstadler beim rumänischen Transportminister angerufen. Kurt Tucholsky sagte einmal, es sei schön, mit jemand schweigen zu können. In der Politik tut es manchmal not, miteinander zu sprechen. Von Anfang an.

Ich wünsche Ihnen eine fabelhafte Woche.

Ihre Eva Konzett


Hörtipp

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"Es tut sehr gut, sich einmal abseits der täglichen Coronanachrichten damit zu beschäftigen, worauf wir derzeit alle verzichten müssen, und uns vor Augen zu führen, wie groß der Wert der von Ihnen geschilderten und vor der Krise von uns allen als selbstverständlich hingenommenen Begegnungen mit lieben Menschen für uns ist." - Eva Feichtinger

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