Es lebe das Gemeindebau-Theater! - FALTER.maily #1196
Gestern war ich im Rabenhof Theater auf einer Party. Die Bühne in Erdbergs schönstem Gemeindebau ist einer der lebendigsten Kulturbetriebe ...
hin und wieder tut es gut, dem Getöse aus den Echokammern der einander durchs Dorf jagenden Bewohner der Twitterblase etwas Ruhiges entgegen zu setzen. Etwas Positives. Etwas Unwichtiges.
FALTER-Chefredakteur Florian Klenk etwa postet dann Fotos vom Nützlingshotel in seinem Garten. Oder erzählt am Rande von sehr ernsten Videos, dass er eine Vogelfamilie beobachtet. Gut so.
Fluchten in derart Nebensächliches stellen den Bildern des angeblich alleine relevanten Wahnsinns samt Begleitkatastrophen das Narrativ einer Welt gegenüber, die sich nicht um Nachrichtenlagen schert. Das ist wichtig.
Etwa das Wissen, dass der Defibrillator bei einer bestimmten Feuerwache im Wienerwald mutterseelenalleine und von keiner Kamera bewacht, bereit liegt und doch noch nie entwendet wurde. Das ist (journalistisch) so etwas von keiner Geschichte, dass ich sie seit zwei Woche immer wieder erzähle – und sehe, wie viele Augen und Herzen dabei aufgehen.
Die Geschichte? Auf einer längeren Radrunde hatte ich Schlüssel, Ausweise und Geld irgendwo ausgestreut. "Irgendwo" war besagte Feuerwache: Ich hatte dort mein Handy aus der einzigen Zipptasche geholt. Dabei mußte mir das Ausweis-Taschentuchpackerl rausgefallen sein.
Bei der lokalen Feuerwehr war nur die Mobilbox des Hauptmannes an. Ich sprach drauf – ohne viel Hoffnung. 15 Minuten später kam der Rückruf: Der Mann war ausgerückt, hatte gesucht – und gefunden. "Ich lege alles zum Defibrillator. Da können Sie es holen. Aber lassen's den Defi da ..." Ich bat ihn, den grünen Geldschein auszutauschen. Als Spende. "Kommt nicht in Frage: Dafür sind wir schließlich da."
Ich kenne nicht einmal den Namen des Feuerwehrmannes. Aber er hat mir den Tag gerettet. Wegen der Hilfe. Aber auch wegen des Glaubens an eine Gesellschaft, in der man keinen Defi klaut. Doch vor allem wegen eines einzigen Wortes: "Schließlich". Man hilft, weil sich das gehört. Weil es normal, natürlich, menschlich ist: "Dafür sind wir schließlich da."
Daran erinnert zu werden, ist wichtig. Aber was tatsächlich zählt, ist es zu leben.
Haben Sie in diesem Sinn einen schönen Tag: "Dafür sind wir schließlich da."
Ihr Tom Rottenberg
So ziemlich das Gegenteil von dem, was der anonyme Feuerwehrhauptmann aus dem Wienerwald lebt, ist die Einstellung, mit der Nikolaus Habjans Berufsanrainer Berti Blockwardt durch die Welt geht. Doch gerade weil die Handpuppe vielen Menschen ein eben nicht verzerrtes, sondern schonungslos klares Bild ihrer selbst zeigt, polarisieren Berti und sein Rechtsbeistand Dr. jur. Josef Staißbeyn: Auch innerhalb der FALTER-Redaktion ist es alles andere als unumstritten, ob man etwa dem blockwardtschen Hausmeister-Gerede über "natürlich faule Künstlerexistenzen" ein Forum geben soll: Weil es das ja alles "auch in Wirklichkeit und noch viel brutaler", gibt, wie Puppenspieler Habjan unlängst nach einem Blick ins Forum bei krone.at wieder einmal feststellte.
Doch es gibt auch Schönes zu vermelden: Berti wird mittlerweile auch als Gast in andere TV-Formate eingeladen. Zuletzt referierte er bei Hanno Settele in DOK1 über Gefährder, Maskenpflicht und seine Berufung – sicherlich ja auch, weil es immer noch schwer ist, einen echten Menschen zu finden, der das, "was man ja wohl noch sagen dürfen wird", unmaskiert vor der Kamera sagt. Darüber, ob das gut oder schlecht ist, könnte man jetzt länger und ergebnislos diskutieren – oder noch eine Berti-Geschichte erzählen. Bei dem steht nämlich nicht nur der ORF sondern auch Hollywood auf der Matte: Die Muppet-Show klopfte tatsächlich an – und diese Woche dreht Berti zum ersten Mal mit Bill Barretta, einem der Köpfe hinter etlichen Muppet-Charakteren.
Und dann wäre da noch diese kleine Presseaussendung, die im Zuge der zahllosen "das Leben geht wieder los"-Meldungen komplett untergangen ist: Sowohl die Liliputbahn im Prater als auch die Schmalspurbahn im Wiener Donaupark fahren seit dem 16. Mai wieder. Schön: Solange die Liliputbahn fährt, kann die Welt nicht ganz am Abgrund stehen. Was in der Aussendung aber beim zweiten Lesen stutzig machte, war die gleich mehrfache Formulierung "der Personentransport": Die Frage, ob auf den beiden Kurz- und Rundkursen sonst auch Güterttransport stattfindet und wenn ja, wer da was warum wohin bringen lässt und ob und wann dieser Teil eines exremregionalen Zugsverkehres wieder hochgefahren werden wird, ist ebenso spannend wie irrelevant - und wird beantwortet werden. Irgendwann. Vielleicht.