Srebrenica - FALTER.maily #1049
Der österreichische Politikwissenschaftler Walter Manoschek ist ein Kapazunder im Bereich der Holocaust-Forschung. Seine Arbeit zur Verfolgung ...
Sie haben vermutlich davon gehört, der Matura-Jahrgang 2020 ist ein spezieller: Die mündliche Reifeprüfung wurde abgesagt, die schriftliche auf drei Fächer reduziert. Eine Art „Kriegsmatura“ also, bei der alle sicher durchkommen? Mitnichten. Speziell die Mathematik-Zentralmatura fiel – und täglich grüßt das Murmeltier – erneut katastrophal aus. Weil die Jugendlichen zu blöd sind? Nein, weil die Messlatte in diesem Fach offenbar zu hoch liegt – und heuer zudem die Flexibilität fehlte, auf die lückenhafte Vorbereitung durch den Shutdown zu reagieren.
Meine Tochter maturierte als Teil dieses Corona-Jahrgangs an einem Wiener Gymnasium. Von den 24 Schüler*innen ihrer Klasse durften fünf gar nicht antreten, weil sie das Jahr negativ abgeschlossen hatten. Statt mehrerer Monate war ihnen exakt eine Prüfung lang Zeit geblieben, ihr „Nicht genügend“ aus dem ersten Semester auszubessern. Sechs der verbliebenen 19 fingen sich dann bei der Matura einen Fünfer ein, die meisten in Mathe.
Die Zentralmatura stellt einem gesamten Jahrgang dieselben Aufgaben und will so einheitliche Standards etablieren. Was theoretisch gut klingt, ist praktisch in zweifacher Hinsicht ein Topfen. Erstens verkommt der Unterricht in gewissen Bereichen zum reinen Maturatraining; in Deutsch etwa, wo Textsorten-Analyse und formalisiertes Schreiben an die Stelle von Kreativität und Literaturstudium tritt. Und zweitens ignoriert die Zentralmatura eine wichtige Kleinigkeit: Am Ende sollen zwar alle dasselbe beherrschen, davor wurde aber keineswegs allen dieselbe Qualität des Unterrichts zuteil. Die Klasse meiner Tochter etwa hatte in jedem Oberstufenjahr eine andere Mathematik-Lehrperson. Nicht jede war engagiert, zwischendurch klaffte aus Personalmangel gar eine sechswöchige Unterrichtslücke.
Sagen wir so: Es gibt Nachbesserungsbedarf – vorsichtig ausgedrückt. Und zwar nicht nur bei der Zentralmatura, sondern bei der grundsätzlichen Konzeption speziell allgemeinbildender Schulen in diesem Land.
Ein prächtiges Wochenende ohne unangenehme Schulträume wünscht Ihnen
Ihr Gerhard Stöger
1995 schenkte Richard Linklater dem Wientourismus „Before Sunrise“. Zwei Jahre davor bezauberte der US-Regisseur mit „Dazed and Confused“, einem anno 1976 spielenden Film über den letzten Schultag vor den Sommerferien an einer Highschool in Austin, Texas, und die zugehörige Partynacht. Lassen Sie sich bloß nicht durch den schrecklichen deutschen Titel „Confusion – Sommer der Ausgeflippten“ abschrecken!
Die klassischen Schulschlusssongs stammen von Falco („Nie mehr Schule“) und Alice Cooper („School's Out“). Wer es spezieller möchte: Die australische Punkband Suicide Squad plärrte 1979 „I Hate School“. Auch nicht schlecht: „Schule, nein danke“ der Neue-Deutsche-Welle-Obskurität Dennis und die wilde 13.
„Ich glaube, mir ist die Schule deshalb erst jetzt fad geworden, weil ich so lange in keiner Regelschule war“, bemerkte meine Tochter vergangenen Herbst. Volksschule und Unterstufe hatte sie in alternativen Bildungseinrichtungen absolviert, ohne Druck, ohne Prüfungen, ohne Lernstress, dafür mit reichlich Platz für die Individualität der Kinder. Teil des Konzepts „Alternativschule“ ist die Mitarbeit der Eltern. Ich leistete einen Teil meiner Stunden ab, indem ich ein Buch mitverfasst und mitherausgegeben habe, „Zuhause in der Schule“. Es führt ein in die Idee, Schule grundlegend anders zu denken, und erzählt die Geschichte der bis in die späten 1970er-Jahre zurückreichenden Alternativschulbewegung Wiens. Restexemplare des 2015 im Milena Verlag erschienen Readers sind noch erhältlich.
Florian Klenk hat zum Wochenabschluss noch ein Lehrstück aus der Wien-Redaktion der Kronen Zeitung für Sie aufgeschrieben. Seinen Kommentar mit dem Titel "Pommer, Hitler und der Falter" beginnt er so: "Das wird jetzt ein bisschen länger. Aber ich möchte Euch ein bisschen erklären, wie die Krone funktioniert und wie sie versucht, Menschen unter Druck zu setzen, die die Methoden der Krone offen legen. Ich erzähle ein bisschen aus eigener Anschauung. Ich erzähle Euch von Michael Pommer, dem Chef des Wien-Ressorts." Den ganzen Text lesen Sie hier.
Und dann haben wir noch die neue falter.at-Kolumne aus Harry Bergmanns "Loge 17" für Sie. "Der Stunk" handelt mit feiner Klinge vom "autofreien" 1. Bezirk, den Grünen, der türkisen Straßenwalze und der Verwunderung über das Lächeln des Herrn Bürgermeisters. Sie lesen die Kolumne hier.
Eine neue Folge im Falter Radio: "Mein Kampf gegen das Auto" - Hermann Knoflacher erklärt Florian Klenk seine Vision einer ökologischen Verkehrswende, zu hören auf falter.at/radio oder in Ihrer Podcast-App.
Sie erinnern sich sicher an das Gewinnspiel, das wir vor kurzem ausgelobt haben - Maily-LeserInnen wollten etwas Gutes tun und haben eine Reihe von FALTER-Abos gespendet. Die GewinnerInnen sind verständigt und werden schon ab kommenden Mittwoch den FALTER kostenfrei lesen können. Sie können aber auch noch gewinnen - eine weitere Leserin spendet ein Jahresabo und wir dürfen es unter den Maily-LeserInnen verlosen!
Auch diesmal gilt: bitte schreiben Sie ein Mail an gewinnspiele@falter.at, wenn Sie gewinnen möchten. Am Dienstag, 30.6.2020 um 12 Uhr wird ausgelost. Viel Glück!