Manche Welt liegt in Innsbruck - die wahre ist es nicht - FALTER.maily #1207
Gestern Abend hatte ich zwei sehr liebe Freundinnen zu Besuch. Die eine arbeitet als Grafikerin, die andere im Bankwesen. Wir hatten einander ...
fünf Abende, je drei Duelle, jeder gegen jeden. Es war ein Kraftakt, aber ein aufschlussreicher. ORF 3 und das ORF-Landesstudio Wien haben die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der Wiener Gemeinderatswahl diese Woche gegeneinander antreten lassen. Knapp 30 Minuten pro Paarung, die mitunter tief blicken ließen.
Etwa, als ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel am Donnerstagabend gegen FPÖ-Wien-Chef Dominik Nepp antrat. Ein alter und ein neuer Rechtspolitiker, die darum rangen, wer es noch extremer gibt – und sich am Ende als "Kühlschrank" (Nepp über Blümel) und Hilfspakete-Profiteur ("Wer raunzt, der kauft", Blümel über den Unternehmersohn Nepp) beschimpften.
"Wer hat gewonnen? Extreme Rechte mit "Anstand" oder Extreme Rechte ohne Anstand?", fragte Publizist Robert Misik auf twitter danach völlig zu recht. Wer verloren hat, war eindeutig: die politische Kultur im Land. So rückt der Diskurs noch weiter nach rechts, und wir gewöhnen uns schleichend daran. "So wie Merkel die CDU sozialdemokratisiert hat, verfreiheitlicht Kurz die ÖVP", schrieb Alexandra Föderl-Schmid in der Süddeutschen Zeitung letztes Wochenende.
Gegen Nepp vs. Blümel war die mit Spannung erwartete Paarung Nepp vs. Heinz-Christian Strache gestern Abend dann mehr Therapiestunde als Schlammschlacht. Heinz-Christian nannte Dominik – man ist noch per Du – "meinen Sohn Brutus“, Nepp präsentierte als Antwort ein Taferl mit einem Zitat Straches: "Die FPÖ ist immer das Original." Freundinnen und Freunde des politischen Déjà-vu sollten sich als Vergleich das Aufeinandertreffen von Strache mit seinem "Vater" Jörg Haider bei den Wahlkonfrontationen des Jahres 2008 anschauen.
Damals gab es noch keine verfreiheitlichte ÖVP, die der FPÖ blaue Wählerinnen und Wähler absaugte. Ob Blümels Strategie der "extremen Rechte mit Anstand" (Misik) in Wien aufgehen wird, wissen wir in einer Woche.
Schönes Wochenende wünscht
Ihre Barbara Toth
Wohnen Sie in Niederösterreich? Dann überrascht es Sie vielleicht gar nicht, was die Kolleginnen und Kollegen von profil und Ö1 über die Bezirksblätter ebendort recherchiert haben. Da konnten sich Politiker des Landes und des Bauernbundes nämlich freundliche Geschichten bestellen. Welche Rolle die niederösterreichischen Regionalmedien als Seismograph für die Landespolitik spielen, habe ich hier beschrieben - anlässlich eines Portraits des ehemaligen NÖ Landeshauptmanns Erwin Pröll. Das ist zwar schon eine Weile her, aber geändert hat sich wenig.
Noch mehr zu Niederösterreich: "Die Novomatic zahlt alle drei", sagte Heinz-Christian Strache auf Ibiza und stellte damit Gesellschaft und Justiz vor Fragen: Was ist dran? Was steckt dahinter? Beschlagnahmte Chats zeigen nun: Nicht nur das Alois Mock-Institut wurde von der Novomatic gesponsert, sondern auch ein Verein im Umfeld der niederösterreichischen ÖVP. Zum Dank gab es eine Lobrede der Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Florian Klenk hat die neuesten Erkenntnisse in diesem Artikel und auf Twitter für Sie zusammengefasst.
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