Es gibt schon wieder eine Kurz-Doku - FALTER.maily #1197
Hierzulande liegen Satire und Realität eng beieinander. Die Kurz-Film-Posse ist so ein Beispiel. Nachdem die Produktionsfirma eines PR-Films ...
der 27. Oktober ist für die Neos ein doppelter Feiertag: Gestern vor acht Jahren wurde die Partei von Matthias Strolz als liberale Alternative zur ÖVP gegründet. Nach einem Sondierungsgespräch, bei dem Bürgermeister Michael Ludwig den Neos rosa Punschkrapfen kredenzte, will die Wiener SPÖ nun eine Stadtregierung mit den Neos bilden.
Inhaltlich mag das verwundern. Wirtschafts- und sozialpolitisch verbindet Rote und Pinke wenig. Speziell Gerald Loacker, Sozialsprecher der Neos im Parlament, der sich statt der Mindestsicherung ein "liberales Bürgergeld" wünscht, gilt in sozialdemokratischen Kreisen als rotes Tuch. Allerdings unterstützten die Wiener Neos die rot-grüne Stadtregierung bei der Verteidigung der Mindestsicherung gegen Angriffe der damaligen türkis-blauen Bundesregierung. Sollte Rot-Pink scheitern, dann nicht an sozialpolitischen Fragen.
Wahrscheinlicher ist, dass die SPÖ den Neos in Wien den Bildungsstadtrat überlässt – die Roten haben dann immer noch einen Bildungsdirektor (so heißt der frühere Stadtschulratspräsident) als gewichtigen roten Bildungspolitiker außerhalb des Rathauses. Hier wird spannend, wie viel Bares Wiens Neos-Chef Christoph Wiederkehr für die Bildungsagenden herausverhandeln kann. Vor fünf Jahren konnten die Grünen in den Verhandlungen mit der SPÖ um die sechs Millionen Euro pro Jahre für ungefähr vierzig Millionen Euro für etwa vierzig Sozialarbeiter an Schulen durchsetzen. Wollen die Neos im Bildungsbereich fett punkten, brauchen sie ein Vielfaches an Geldmitteln.
Aus Machiavellis Sicht ist Ludwigs Wahl nachvollziehbar: Mit den Neos steht es bei den Gemeinderäten 46:8 für die SPÖ, die Grünen stellen doppelt so viele Rathaus-Abgeordnete. Bei Rot-Grün müsste die SPÖ dem Koalitionspartner zwei Stadträte abgeben, bei Rot-Pink nur einen. Hinzu kommt, dass die Neos im Gegensatz zu den Grünen das Regieren erst lernen müssen.
In einer Koalition mit den Neos kriegt die SPÖ das für die Bezirkspolitik so wichtige Verkehrs- und Planungsressort zurück. Auch beim Parkpickerl neu ist eine Einigung mit den Neos leichter. Die Pinken wollen Wien in zwei Parkzonen teilen: eine blaue Zone für die Bezirke innerhalb des Gürtels, den 2. und den 20. Bezirk sowie alle Straßen bis zur Vorortelinie. Und eine grüne Zone, die von der Vorortelinie bis zur Stadtgrenze reicht. In eigenen "Grätzelparkzonen" sollen die Bewohner das Parkpickerl gratis bekommen.
Trotzdem sollte man die Pinken nicht unterschätzen. Auch bei den Neos gibt es Verhandlungsprofis. Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik war früher bei den Grünen, saß bei den gescheiterten schwarz-grünen Verhandlungen 2002 am Tisch und verhandelte die Grünen danach erfolgreich in Landesregierungen. Neos-Generalsekretär Nikola Donig lernte das politische Handwerk unter Wolfgang Schüssel in der ÖVP und wechselte später auf pink. Er half den Neos 2018 in Salzburg in die Landesregierung. Wiederkehr und Co. seien so gut aufgestellt, dass sie keine Hilfe brauchen, sagt Luschnik zwar zum Falter, "aber als Bundespartei stehen wir voll hinter den Wiener Neos und unterstützen, wo immer sie das wollen".
Ihre Nina Horaczek
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