Nie mehr Schule - FALTER.maily #1103
Ich schreibe Ihnen diese Zeilen aus meinem Kärntner Jugendzimmer. Beim Blick aus dem Fenster sehe ich heute wie damals nichts als Wälder ...
nach der Vertreibung der Terrororganisation Islamischer Staat aus ihrem Gebiet im Norden Syriens hofften viele, dass die Attraktivität der Dschihadisten zurückgeht. Die Behörden registrieren einen Rückgang der islamistisch motivierten Anschläge in Europa. Umso größer ist der Schock über die bestialische Ermordung des französischen Lehrers Samuel Paty und die neue Auseinandersetzung um Mohammed-Karikaturen.
Der aus einer tschetschenischen Familie kommende 18-jährige Attentäter war wahrscheinlich vergangenen Sommer mit einem Kämpfer im dschihadistischen Untergrund in Syrien in Kontakt. Enthauptungsvideos des IS zirkulieren seit langem im Internet. Die Ermordung Patys zeigt, dass eine Dschihad-Subkultur in Teilen der islamischen Jugend in Europa nach wie vor lebendig ist.
Dazu kommt ein verschärfter Kurs der Regierung Macron gegen islamistische Aktivisten. Die Regierung geht nicht nur gegen mögliche Mittäter des Attentäters vor, sie schließt eine Moschee und löst Organisationen auf, die des Extremismus verdächtigt werden.
Die Vertreter des Islam haben den Mord an Samuel Paty verurteilt. Das Recht der französischen Lehrkräfte Mohammed-Karikaturen als Beispiel für legitime Satire im Unterricht zu diskutieren, stellen sie nicht in Frage. Die tschetschenischen Organisationen in Frankreich appellieren an die Öffentlichkeit, wegen eines Terroristen nicht die gesamte Volksgruppe zu verdächtigen. Aber das Vorgehen des französischen Innenministers und die Polemik Macrons werden von vielen Muslimen als Ausgrenzung empfunden. Die antifranzösischen Demonstrationen in der islamischen Welt verschärfen die Gegensätze.
Bei einer derart gefährlichen Dynamik spielt auch politisches Kalkül eine Rolle. Der türkische Präsident Erdoğan baut mit unflätiger Beschimpfung Macrons an der von ihm angestrebten Führungsposition in der islamischen Welt. Anstatt Extremismus in der eigenen Kultur entgegenzutreten, wettern die Machthaber in der islamischen Welt gegen Islamfeindlichkeit in Frankreich.
Macron vollzieht einen Rechtsschwenk. Er stellt den Kampf gegen den islamistischen "Separatismus" ins Zentrum. Macron hofft dadurch den Rechtsextremen um Marine Le Pen das Wasser abzugraben, so wie das in Österreich Sebastian Kurz gegenüber der FPÖ gelingt.
Welche Auswirkungen diese Auseinandersetzung auf unsere europäischen Gesellschaften hat, wird davon abhängen, ob der Kampf gegen Dschihadisten ohne Ausgrenzung der Muslime geführt wird, was nicht einfach ist. Denn es stimmt natürlich, dass die Diskriminierung von Muslimen in Europa Realität ist. Der Kampf gegen die Ideologie der Dschihadisten wird nur erfolgreich sein, wenn er mit dem Kampf gegen Islamophobie Hand in Hand geht und eine Spaltung unserer multikulturellen Gesellschaft vermieden wird, meint
Ihr Raimund Löw
Wie ernst ist die Konfrontation rund um die Ermordung des französischen Lehrers Samuel Paty und die Mohammed-Karikaturen? Wie kommen wir aus einem verhängnisvollen Kulturkampf heraus? Das bespreche ich im aktuellen Podcast mit Frankreich-Korrespondent Danny Leder, dem Obmann der Initiative Muslimischer ÖsterreicherInnen Tarafa Baghajati, dem Sozialarbeiter Fabian Reicher (Beratungsstelle Extremismus) und der Politikwissenschaftlerin Daniela Pisoiu (Österreichisches Institut für Internationale Politik). Danny Leder hat die Auseinandersetzung an Frankreichs Schulen als Einschnitt erlebt, weil man erkennt, dass zu lange islamistischer Einfluss schöngeredet wurde. Tarafa Baghajati hat in einem Video dargelegt, dass der Koran Satire und sogar Karikaturen des Propheten erlaubt. Der Regierung Macron wirft er jedoch eine Ausgrenzungspolitik gegenüber Muslimen vor. Es wurde eine streckenweise heftige Debatte, doch hören Sie selbst.
Fünf Tage vor dem Wahltermin in den USA ist für einige amerikanische Medien die Zeit vorbei, sich ernsthaft mit dem Wahlkampf zu beschäftigen. Schließlich haben viele Millionen bereits gewählt. Der Daily Newsletter des US-Magazins "The Atlantic" empfiehlt ausgefinkelte Anti-Stress-Strategien vor dem 3. November. Darunter fällt der Rat Politdramen wie The West Wing oder Scandal zu streamen. In der musikalischen "election-anxiety playlist" rangiert der junge Sänger Shamir mit dem Song "Paranoia" an erster Stelle. Die Begründung des Musikkritikers: "To start, let’s slurp down some medication and scream in agony. Black Flag’s "Nervous Breakdown" or Green Day’s "Brain Stew" could have gone here instead, but there’s something very now about the young singer Shamir’s version of the punk-rock freak-out. There’s also something oddly comforting about the playful oh-well quaver of his voice."
Twitter, Facebook und Youtube tun sich schwer mit Lügen aus dem Umkreis des amerikanischen Präsidenten umzugehen. Werden falsche Behauptungen weiterverbreitet, machen sich die Sozialen Medien mitschuldig an der Vergiftung des politischen Klimas. Andererseits garantiert das First Amendement Meinungsfreiheit. Zensur ist in den USA verpönt. Wie unterschiedlich Twitter, Facebook und Youtube mit dem Fall einer Festplatte, die angeblich vom Sohn Joe Bidens kommt und die Biden mit den Geschäften seines Sohnes in Verbindung bringt, umgegangen sind, erklärt anschaulich der Podcast der New York Times: A Misinformation Test for Social Media.