Das neue ABC des Schwangerschaftsabbruchs - FALTER.maily #1203
Frauenorganisationen schlagen Alarm, Gynäkologinnen warnen vor abnehmenden Abtreibungs-Rechte und neue Initiativen wollen vermeiden, dass der ...
wenn wir Montagabend nach Redaktionsschluss aus unseren Büros in der Marc-Aurel-Straße treten, dann sehen wir immer noch die Kerzen im Bermudadreieck. Sehr viele sind erloschen und irgendwann wird die Müllabfuhr kommen und die Gedenkstellen wegräumen. Dann werden wir das Attentat vergessen.
Rund drei Wochen nach dem mörderischen Anschlag ist die Diskussion um Kujtim F., 20, durch die Lockdown-Debatte überlagert worden. Es ermittelt zwar noch eine Untersuchungskommission über die Verfehlungen des BVT, der ehemalige Chef des Verfassungsschutzes, Peter Gridling, empfindet die Kritik an seiner Behörde aber schon jetzt als unangemessen, wie er in diesem Interview rügt. Vielleicht wäre es doch gut, die Kommission ohne Zurufe untersuchen zu lassen?
Eine sehr wichtige Debatte haben wir indes noch nicht geführt. Jene über die Verantwortung der Moscheen und der Islamischen Glaubensgemeinde (IGGiÖ). Der ehemalige Sprecher der IGGiÖ, Ruşen Timor Aksak will sie mit diesem Appell anstoßen. Er schreibt:
"Der Attentäter war ein Muslim mit Wurzeln in Mazedonien. Sein erstes Opfer war ein Muslim mit Wurzeln in Mazedonien. Menschen aus unserer Mitte. Eine Tragödie. Und darüber hinaus eine Symbolik von großer Tragweite. Unser Extremismus und ich spreche bewusst von unserem Extremismus ist nicht das Problem der "anderen", nicht die Sorge von Polizei, Politik und Akademikern, die sich darum schon kümmern werden. Nein. Es ist unser Extremismus, der in unserer Mitte brütet, wächst, gedeiht, wurzelt und vergiftet. Wir werden vergiftet. Langsam, aber stetig. Nicht weil der Extremismus die besseren Argumente hätte. Nein. Weil wir nicht den Mut aufbringen, ihn zu benennen, ihn einzugrenzen und abzusondern. Stattdessen wenden wir den Blick ab. Wir sehen weg."
Mangelnder Mut, also Feigheit. Das ist ein harter Vorwurf an die eigene muslimische Funktionärsgemeinde, aber nicht nur an sie. Wird von vermeintlich fortschrittlichen Kreisen oft deshalb so verhalten auf Islamismus reagiert, weil Kritik auch von Rechten und Rechtsextremen kommt und man sich nicht vereinnahmen lassen will? Oder haben Islamisten mit ihrem Opferdiskurs einfach zu schnell ein offenes Ohr bei engagierten Linken und Liberalen gefunden? Michael Walzer hat dazu einen ebenso erhellenden Text verfasst, wie der Spiegel-Kolumnist Sascha Lobo.
Im Falter haben wir hingegen oft Kritik einstecken müssen, weil wir angeblich einen "islamophoben Diskurs" führen würden. Doch das ist Unsinn.
So wie wir über die Gewalt von Rechtsextremen berichtet haben, so haben wir eben auch über den oft nationalistisch verbrämten religiösen Extremismus in Moscheen geschrieben und hingesehen. Wir berichteten über den fortschrittlichen Imam Mouhannad Korchide, der aus Wien verjagt wurde, weil er das Weltbild der Islamlehrer hinterfragte. Wir schrieben über die Al-Kaida in Fünfhaus, die einen Wiener Einwandererbub wie Mohammed Mahmoud zum IS-Mörder ausbildete. Wir schrieben über Wiener Mädels, die plötzlich in der Burka nach Syrien reisten. Wir thematisierten die Kritik an der mangelhaften Betreuung von Islamisten im Gefängnis, zuletzt in diesem Podcast. Und vor allem besuchten wir immer wieder Moscheen der IGGiÖ, in denen radikale oder judenfeindliche Prediger die Gläubigen indoktrinierten.
Sogar über die Moschee, die Kujtim F. besuchte, berichteten wir erstmals im Jahr 2007 und dann wieder acht Jahre später. Es geschah nichts. In Erinnerung ist mir auch eine Begegnung mit Scheich Adnan Ibrahim, der mir von der Glaubensgemeinde anno 2005 als Vorzeige-Imam vorgestellt wurde und anschließend in der Schura-Moschee gegen Israel hetzte.
Wir müssen also hinsehen, nicht nur wenn es um Terrorismus geht, sondern auch, wenn es um demokratiefeindliche Tendenzen geht. Ja, auch Muslime müssen hinsehen und widersprechen. Sich einfach nur einen "Respect Mohammed"-Sticker auf den Facebook-Account zu heften, wenn in Paris ein Lehrer geköpft wird, weil er über Mohammed-Karikaturen sprach, ist jedenfalls das völlig falsche Signal.
Ihr Florian Klenk
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