Sorry, Sora! - FALTER.maily #1201
Ich hoffe, meine Mail geht an den richtigen Verteiler. Weil - Sie haben es heute vielleicht mitbekommen und wenn nicht, erzähle ich es Ihnen ...
Liebe Österreicherinnen, liebe Österreicher, liebe Menschen, die in Österreich leben!
Karl Nehammer verwendet diese exzessiv inklusive Anrede in letzter Zeit immer, wahrscheinlich um zu signalisieren, dass er zwar ÖVP-Innenminister, aber sicher nicht rechts oder böse oder rückschrittlich ist. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ist über derlei Verdacht erhaben, deshalb kann sie es guten Gewissens beim altmodischen "Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger!" belassen.
Der Vergleich mit Deutschland schmerzt dieser Tage besonders. Dass das österreichische Führungspersonal im Frühjahr einen Nationenwettstreit der Pandemiebekämpfung ausgerufen hat, fällt im Herbst auf uns zurück. Regelmäßig postete Teamchef Sebastian Kurz damals Tabellen, die Österreich im Kennzahlenvergleich mit dem Rest Europas Stockerlplätze zuwiesen.
Nun aber gehören Österreichs Coronazahlen zu den schlechtesten der Welt, noch immer sterben jeden Tag etwa 70 Menschen mit dem Virus. Die Regierung hat es vermasselt, in den Heimen und Schulen, in den Betrieben und Lokalen, mit der Corona-Ampel und dem Contact Tracing. Einen aktuellen Medaillenspiegel der Epidemiologischen Spiele 2020 bleibt Sebastian Kurz auf Facebook schuldig. An sich gut, wenn Regierungen mehr auf das Krisenmanagement als auf dessen Darstellung in Ansprachen und Social Media Wert legen.
Das führt zurück zu Angela Merkel. Sie hat gestern für Deutschland einen harten Lockdown verkündet, ab Mittwoch bis zum 11. Jänner sind alle Schulen und Geschäfte (außer Lebensmittelhändler) geschlossen. Innerhalb einer Woche hatten sich zuletzt 169 von 100.000 Mitbürgern (erkannterweise) angesteckt. Deutschland sei weit vom Zielwert 50 entfernt, sagt Merkel.
In Österreich liegt diese sogenannte Sieben-Tages-Inzidenz bei 207, es sterben auch wesentlich mehr Corona-Patienten als in Deutschland. Wir aber sperren auf, die Shopping Center, Pflichtschulen, Museen, Friseursalons und Kirchen. Es ist zu befürchten, dass liebe Österreicherinnen, liebe Österreicher und liebe Menschen, die in Österreich leben, nach den Feiertagen wieder Intensivstationen füllen werden.
Ihr Lukas Matzinger
Otto Barić ist tot. Er starb gestern im Alter von 87 Jahren, wohl an den Folgen einer Corona-Erkrankung. Barić war einer der außergewöhnlichsten Trainer der österreichischen Fußballgeschichte, er wurde sowohl mit Wacker Innsbruck, Rapid Wien als auch mit Austria Salzburg Meister. Barić mochte keine Schwulen, ein moderner Trainer wurde er nie. Er war ein Einheizer, den die Menschen für seinen originellen Sprachgebrauch liebten. Barić prägte das Bild des "Jugoslawen" in Österreich mit, er residierte zuletzt in Zagreb und auf Krk.
Weil ihnen heuer wahrscheinlich auch fad war, nahmen zwei große US-amerikanische Songwriter der Gegenwart einige gemeinsame Lieder auf: Bonnie 'Prince' Billy und Bill Callahan coverten sich im Corona-Jahr durch die Musikgeschichte. Zuletzt erschienen ist ihre rührende Hommage an den im Oktober verstorbenen Country-Musiker Jerry Jeff Walker.
Suchen Sie noch Lesestoff für die Feiertage? Wir empfehlen die Barack Obama-Biografie, John Dickies Geschichte der Freimaurer und Philippe Sands "Die Rattenlinie", das die berüchtigte Fluchtroute der Nazis über den Vatikan nach Argentinien nachzeichnet.
Was Kinder- und Jugendliche dieses Jahr lesetechnisch nicht verpassen sollten, hat Nina Horaczek in der aktuellen FALTER-Ausgabe die Buchhändlerin Franziska Schweizer gefragt. Sie gab tolle Empfehlungen für alle Altersgruppen zwischen 18 Monaten und 14 Jahren ab.
Über die Trennung von Religion und Staat, die Online-Gebetsstunde im Parlament und den österreichischen Halbgott namens "Gegengeschäft", schreibt Loge 17-Kolumnist Harry Bergmann hier. Und auch Armin Thurnhers schlauer Kater möchte was zum Thema Gegengeschäfte sagen.