Alles gut. - FALTER.maily #422

Stefanie Panzenböck
Versendet am 23.01.2021

kennen Sie diese Momente – bevorzugt aus Krimis? Ein Mann wird, leichenblass, verdreckt und zitternd vor seinem potenziellen Mörder gerettet, die Kommissarin sieht ihn besorgt an und fragt: "Alles in Ordnung?" Der Angesprochene nickt und krächzt, "Ja, danke, alles gut."

Zugegeben, vielleicht ist in genau diesem Moment, wirklich "alles gut", weil im Match zwischen Leben und Tod das Leben gesiegt hat. Aber nach einer Sekunde der Erleichterung folgen wohl Angst, Wut und Schmerzen.

Wann sich die Floskel "Alles gut" in unseren Sprachgebrauch eingenistet hat, ist nicht ganz klar, aber es wurde schon viel darüber nachgedacht, wie etwa hier in der FAZ.

Tatsache ist, dass "alles gut" eigentlich nur bedeuten kann, dass weniger gut ist als sonst und diese beiden Wörter in Kombination maximal als fadenscheinige Beschwichtigung durchgehen können.

Der Wahrheitsgehalt von absolut gehalten Formulierungen erscheint hinterfragenswert. Das gilt etwa auch für den Satzeinschub "ganz ehrlich", oder "ganz offen". Bei Pressekonferenzen ist das aktuell sehr beliebt, etwa wenn die Mitglieder der Bundesregierung ganz ehrlich und offen sagen, wie sehr sie die Pandemie schon nervt. "Ganz offen" und "ganz ehrlich" sind Menschen meist dann, wenn sie es entweder gerade nicht sind oder diese Zuschreibung für die von ihnen getätigte Aussage nicht relevant ist. Ob eine Ministerin "ehrlich" von der Pandemie schon genug hat, ist uninteressant. Wie "ehrlich" Impfpläne erstellt oder Impfdosen angeschafft werden, hat schon mehr Aussagewert.

Die kleine Schwester von "alles gut" ist "alles in Ordnung". Da bleibt zumindest offen, ob die bestehende Ordnung denn das erstrebte Ziel war. Oder es ist eben, so kann vermutet werden, nicht alles in Ordnung. Wie schon Heinz Conrads sang: "Aber alles in Ordnung, mein gnädiger Herr, nichts ist geschehen, Herr Graf, bitte sehr. Hat es soweit … also gar nichts passiert. Nur Karo der Hund is a bisserl krepiert."  Im Laufe des Liedes wird bald klar, dass nicht nur der Hund gestorben ist, sondern auch die Schwiegermutter und dass die Gattin mittlerweile das Weite gesucht hat.

In diesem Sinn ist weder alles gut, noch wird es das werden. Doch ich wünsche Ihnen, dass Sie es in dem sicher nicht nur guten neuen Jahr wirklich gut haben mögen.

Ihre Stefanie Panzenböck


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