Andi Babler, die EU und meine Barbiepuppe - FALTER.maily #1101
Die Sache zwischen mir und der Europäischen Union begann mit großer Zustimmung. Irgendwann Anfang der 1990er-Jahre hatte mein Vater mich ...
Freude ist zur Zeit ein schwieriges Thema. Natürlich, man findet immer jemanden, dem das Leben bedeutend übler mitgespielt hat und an dessen Schicksal man sich in einem selbsterzieherischen Akt aufrichten kann. Oder der Rat – Sie kennen ihn bestimmt – sich an den kleinen Dingen zu erfreuen. Ja, eh. Aber irgendwann hat man einfach auch mal wieder Hunger auf etwas Großes, auf eine Freude, die nicht nach wenigen Minuten schon wieder vom Alltag begraben wird, sondern eine, die hält und die einen ausfüllt. Eine solche habe ich dieser Tage erlebt und will Sie mit Ihnen teilen – vor allem auch, weil viele von Ihnen der Grund dafür sind. Es geht nämlich um unsere alljährliche Weihnachtsspenden-Tombola "Hilfe, Geschenke!", die wir seit 2008 zugunsten des Wiener Vereins Integrationshaus veranstalten.
Als wir im Herbst starteten, hatte ich Sorge: Im vorangegangen Jahr hatten wir zum ersten Mal die Schallmauer der 100.000 Euro durchbrochen. Ein Rekord. Würden unsere Leserinnen und Leser es sich im Krisenjahr 2020 leisten können, wieder so spendabel zu sein?
Als meine Kollegin Stefanie Panzenböck und ich im November das Integrationshaus besuchten, um Mitbegründer und Ehrenpräsidenten Willi Resetarits für die Aktion zu interviewen, hörten wir von Engpässen. Das Integrationshaus sei zwar keine Jammerinstitution, erzählte er, aber: "Wir krachen." Der Verein habe im vergangenen Jahr spürbar weniger Gelder von der öffentlichen Hand bekommen. Das bedeutete Sparen bei der Betreuung von Geflüchteten. Ob auch heuer wichtige Projekte wie die unabhängige Rechtsberatung und die psychologische Betreuung von Kindern finanziert werden können, würde also auch vom Ergebnis unserer Tombola abhängen, das machte mir ein mulmiges Gefühl.
Nun haben wir abgerechnet und das Ergebnis ist unglaublich. Als ich es vergangenen Mittwoch der Geschäftsführerin des Integrationshauses, Andrea Eraslan-Weninger, mitteilte, fragte ich sie erst, ob sie gut sitze: 217.652 Euro haben unsere Leserinnen und Leser gespendet. Mehr als doppelt so viel, wie im vergangenen Rekordjahr. Was Andrea Eraslan-Weninger dazu zu sagen hatte, als sie ihre Fassung wiederfand und wofür genau das Integrationshaus das Geld verwenden wird, können Sie hier und ab morgen im gedruckten Falter nachlesen.
Gestern kam dann auch noch Willi Resetarits schön gesackelt im rosa Hemd in die Redaktion, um den Spendenscheck abzuholen. "Da scheißt der Bär in die Hose", sagte er, als er den Betrag sah und wäre es kein Corona-Jahr, wäre man einander vielleicht sogar in die Arme gefallen. Die Freude ist fast zu groß, um sie alleine auszuhalten.
Deshalb teilen wir sie mit Ihnen und danken für Ihre Unterstützung!
Ihre Birgit Wittstock
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