Böses Blut - FALTER.maily #450

Nina Horaczek
Versendet am 24.02.2021

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) will den Blutspende-Leitfaden adaptieren. Homosexuelle Männer sind nicht mehr automatisch als Blutspender ausgeschlossen. In Zeiten von Tinder, in denen auch Heteros mit nur einem Wisch nach rechts übers Handy-Display zu ihrem One-Night-Stand kommen, wirkt das jahrzehntelang praktizierte Blutspendeverbot für Homosexuelle völlig anachronistisch.

Es bleibt aber eine Diskriminierung: Während Heterosexuelle Blut spenden dürfen, sofern sie weniger als drei verschiedene Intimpartner hatten, sind homo- und bisexuelle Männer nach gleichgeschlechtlichem Sex gesperrt. Immerhin: Bis vor Kurzem waren es zwölf Monate, nun soll die Sperre "nur" vier Monate lang sein.

Auf eine Gruppe hat das Ministerium aber vergessen: Transgender Personen. Nach seiner eigenen Beschwerde als schwuler Mann, die der künftige SPÖ-Nationalratsabgeordnete Mario Lindner (er übernimmt nach dem Rücktritt von Thomas Drozda dessen Mandat) kürzlich bei der Volksanwaltschaft einbrachte, fragte Lindner auch mit zwei Transpersonen beim Roten Kreuz nach, ob diese Blut spenden dürfen. Die Antwort: Nein. Und zwar nicht, weil sie sich in einer Hormonbehandlung befinden oder eine große Operation hatten, was auch Heterosexuelle für vier Monate vom Spenden ausschließt. Sondern einzig aufgrund der Tatsache, dass sie trans sind.

Das führt zu seltsamen Konstellationen: Eine Transperson, die ihre Geschlechtsumwandlung nicht amtlich gemacht hat, darf Blut spenden. Nachdem der amtliche Stempel auf den Dokumenten ist, aber nicht mehr. Im Fragebogen des Roten Kreuzes kommt keine einzige Frage zur Geschlechtsidentität der Spenderin oder des Spenders vor. Ob eine Transperson Blut spenden darf, hängt also davon ab, ob dem medizinischen Personal bei der Blutspende auffällt, dass sie es mit einer Transperson zu tun haben.

Das Gesundheitsministerium erklärt auf Falter-Nachfrage, ihm sei kein Fragebogen bekannt, in dem abgefragt werde, ob eine Person trans sei. Das Rote Kreuz teilt mit, man orientiere sich an der europäischen Datenlage und würde Transpersonen nicht zulassen, um die Sicherheit der Patientinnen und Patienten nicht zu gefährden. Allerdings würden Anpassungen der Blutspende-Regelungen aktuell von einem Fachgremium evaluiert.

Eine solche Überarbeitung der Blutspende-Richtlinien fordert auch SPÖ-Politiker-Lindner: "Beim Blutspenden darf einzig und alleine das persönliche Risikoverhalten zählen und nicht die sexuelle Orientierung oder die Geschlechtsidentität." Statt ganze Gruppen auszuschließen, sollte das Rote Kreuz also besser fragen, wie oft die Spendewilligen bei Tinder nach rechts wischen.

Ihre Nina Horaczek


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