Andi Babler, die EU und meine Barbiepuppe - FALTER.maily #1101
Die Sache zwischen mir und der Europäischen Union begann mit großer Zustimmung. Irgendwann Anfang der 1990er-Jahre hatte mein Vater mich ...
Zu Österreich darf man nicht halten, weil Marko Arnautović wie ein Rassist schreit. Zu Portugal darf man nicht halten, weil mit Cristiano Ronaldo ein Vergewaltigungsvorwurf auf dem Feld steht. Zu Italien darf man nicht halten, weil für Roberto Mancini Migranten kein Dress verdient haben.
Zur Ukraine und Kroatien darf man nicht halten, weil in ihren Trikots Nationalistenzeichen versteckt sind, zur Schweiz darf man nicht halten, weil ihre Hände zu Nationalistenzeichen geformt waren, zu Ungarn, Türkei, Russland und Polen darf man sowieso nicht halten.
Zu Schweden darf man nicht halten wegen Corona. Zu England darf man nicht halten wegen Brexit. Zu Deutschland darf man nicht halten wegen WW2.
Nach der Kunst gilt jetzt auch im Fußball: Emotionale Unterstützung setzt eine umfassende moralische Inventur des Anschauungsgegenstandes voraus. Wer im Museum alle Maler googelt, um keine Gemälde von Nazisympathisanten zu genießen, lernt jetzt eben Spielerlippenlesen und sucht in Autobiografien nach dunklen Flecken.
Leider muss die wachsende Gruppe gewissenhafter Fußballzuschauer feststellen, dass nach sorgfältiger Belastungsprobe fast nichts für sie übrig bleibt. Ethisch lupenreine Teamkader sind selten, wer noch Fanblöcke und Nationalregierungen dazurechnet, kann den Fernseher gleich abdrehen.
Weil Fußballer erst einmal kein Mandat haben, die Welt zu verbessern. Weil Fußballer erst einmal nichts für die Politik in ihrem Land können. Weil Fußballer selten gebildet und kulturell elaboriert sind und erst einmal für nichts stehen, außer dafür, dass sie gut Fußball spielen. Und weil ihr Spiel erst einmal ohne politische Bedeutung auskommt.
Ich empfehle trotz Null-Asyl-Politik, Millionen getöteter Nerze und sowieso total blöder Monarchie besten Gewissens das Team Dänemarks: Nachdem ihr Superstar Christian Eriksen im ersten Spiel eine Minute lang ohne Puls auf dem Feld lag, verschmolzen seine Kollegen und wüteten ins Halbfinale.
Simon Kjær ist der Kapitän, den sich jeder wünscht, Thomas Delaney arbeitet halbtags als Mähroboter und Joakim Mæhle kann nichts nicht auf dem Feld. Kasper Hjulmand ist ein Genietrainer, der vor Monaten mögliche EM-Gegner analysierte und bei Bedarf alle paar Minuten umpositioniert. Ganz unpolitisch.
Ihr Lukas Matzinger
Mein EM-Song ist nicht der offizielle vom Weltverbesserer Bono, sondern das Lied, das in der Halbzeit beim Werbespot des bösen Coca-Cola-Konzerns läuft. Der englische Keyboarder Vince Clarke komponierte Only You, als er noch bei Depeche Mode war, doch der Sänger Dave Gahan hasste das Lied. Clarke verließ Depeche Mode und nahm die synthiesüße Sehnsuchtshymne 1982 mit seinem neuen Duo Yazoo auf.
Mehr Fußball inklusive einer Prise Sportseximus (Stichwort: Rasen-Hasen) finden Sie diese Woche im Falter auf den Seiten 36-38. Darunter das Team der Stunde, das EM-Tagebuch oder die Press-Ball-Medienkritik.
Angeblich soll es ja noch Menschen geben, die sich nicht für Fußball interessieren. Auch sie sollen nicht zu kurz kommen. Ob picknicken, mit Freunden essen gehen oder endlich mal wieder tanzen im Club: Egal, was Sie sich für die kommende Woche Schönes vorgenommen haben, wir haben Empfehlungen für Sie!
Noch nie haben sich bei dem Wiener Tanzfestival ImPulsTanz so viele Choreograf *innen an der Erderhitzung und der Auslöschung von Arten abgearbeitet. Warum gerade jetzt - und wird nun auch der Festivalbetrieb selbst ökologischer? Gerlinde Pölsler widmet sich in der Festivalbeilage unserem kollektiven Tanz am Abgrund.
Dschihadisten in Österreich: Eine gefährliche Szene mit großer ideologischer Strahlkraft. Der Islamwissenschaftler Guido Steinberg (Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin) im Gespräch mit Walter Posch (Institut for Peace Support and Conflict Management, Wien). Die Veranstaltung des Bruno Kreisky Forums vom 24. Juni 2021 ist jetzt im FALTER-Podcast verfügbar.